In Luxemburg bestand ca. 200 Jahre ein Zivilstand für die Militärs. Aus diesen Quel¬
len sind sehr interessante Feststellungen zu machen. Man kann nicht genau unter¬
scheiden, wer Fremder oder wer Einheimischer war — u. a. ist in Luxemburg noch
ein Pasqualini gestorben, ein Ururenkel des Pasqualini aus Bologna, von dem gespro¬
chen worden ist. Der zweite wichtige Punkt, den ich unterstreichen möchte, ist die
Einquartierung in Kasernen, Militärwohnungen, Privatwohnungen bzw. Militärwoh¬
nungen bei Privaten. Das war für Luxemburg eine große Belastung, wie über die Jahr¬
hunderte hinweg die Militärregister zeigen. Jedesmal, wenn man eine Belagerung
erwartete, wurden Wohnungsverzeichnisse aufgestellt; heute sind dies sehr wichtige
Quellen für die Bevölkerungsgeschichte. Die Kasernen reichten nicht immer aus; als
wirkliches Kuriosum hat man festgehalten: In Friedenszeiten lagen die Soldaten in
Luxemburg in den Kasernen zu zweieinhalb Mann in einem Bett und im Krieg waren
dreieinhalb Mann in einem Bett. Mit anderen Worten: Der eine schlief, der zweite
hatte frei, der dritte war auf Wache.
Was den Wert der Festungen als Investitionen angeht, so glaube ich, daß man ver¬
schiedene Wertungen anlegen kann. In Luxemburg war das Vorhandensein der Fe¬
stung eine sehr wichtige Angelegenheit angesichts der Lage im Grenzgebiet zwischen
Niederlanden, Frankreich und den Rheinlanden; wer Luxemburg angreifen wollte,
hätte eine große Armee gebraucht und sehr viel Artillerie, und dies konnte man in
normalen Zeiten nicht so ohne weiteres auf die Beine stellen. Und was das Umgehen
der Festungen angeht: Die Transportwege waren damals so begrenzt, daß man sie
nicht umgehen konnte.
Werner Hütter, Wien: Ich möchte noch ein Beispiel anfügen, nämlich Güns. Es
war für Wien äußerst wichtig, da es Wien und die Habsburger, die immer sehr viele
Schwierigkeiten mit den Türken hatten, sicher vor einigen Belagerungen bewahrt hat.
Zweifellos war es eine kriegsentscheidende Festung, die des öfteren gehalten hat. Sie
wurde natürlich auch manchmal übergeben. Man darf eines nicht vergessen: Wenn
von Konstantinopel das Heer wegzog, war der Anmarschweg nach Wien sehr lange,
d. h. eine oder zwei Festungen, die dazwischenstanden, konnten durchaus kriegsent¬
scheidende Bedeutung haben.
Tadeusz Roslanowski, Warschau: Ich möchte noch einmal auf die letzte Frage
von Frau Ennen zurückkommen, und zwar auf die Rüstungsschraube hinweisen, die
wir alle sehr gut auch aus heutigen Tagen kennen. Der Festungsbau hat doch eine sehr
wichtige Rolle gespielt; denn man hat einen Staat, ein Territorium oder ein Reich nur
dann von militärischer Seite hochgeschätzt, wenn die Rüstung gut war, also auch
Festungen vorhanden waren; und wenn es keine Festungen oder nur wenige gab,
sprach man gleich von einem schwachen Land. Festungen hatten also nicht nur militä¬
rische, sondern auch eminent politische, wirtschaftspolitische, man könnte sagen
geopolitische Bedeutung. Als Beispiele von sehr großen und sehr wichtigen Belagerun¬
gen sind hier Wien 1683 und Paris im preußisch-französischen Krieg vom Ende des
19. Jahrhunderts genannt worden. Das waren aber Hauptstädte; hier möchte ich doch
auf den großen Unterschied zwischen einer Hauptstadt, einer Zitadelle oder einer
Festungsstadt, die an der Grenze liegt, hinweisen. Ferner möchte ich einige Informa¬
tionen geben, die das damals recht wichtige polnische Königsreich mit Litauen zu¬
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