denen die Festung oder die Befestigung eine ganz erhebliche Rolle gespielt hat, wäh¬
rend sie in anderen Orten, vor allem in den großen Residenzstädten, nur eine zusätzli¬
che Funktion darstellte. Gerade in diesen Städten ist es sehr häufig zu einem extremen
Spannungsverhältnis gekommen. Lassen sich dafür allgemeinere Regeln herausarbei¬
ten? Wie stand es dann in der Endphase der Festungsstädte mit Stadt- und Land¬
schaftsplanung? — Ein letzter Aspekt, den ich noch ansprechen möchte, liegt mir
gerade für die Frühneuzeit sehr am Herzen: Es stellt sich immer wieder heraus, daß
auf bestimmte Themen hin orientierte quellenkundliche Arbeiten gerade zur frühen
Neuzeit und zum 19. Jahrhundert weitgehend fehlen; wir sind gut informiert über die
früh- und hochmittelalterlichen Quellen, aber über den Stellenwert und Aussagewert
so verschiedenartiger Quellen wie Karten, Pläne, Abbildungen, Modelle, Gedenkme¬
daillen, offizielle Verlautbarungen, theoretische Schriften, Wirtschaftsbücher, Bevöl¬
kerungslisten, Rechnungen, Notariatsurkunden, Verträge usw. wissen wir oft zu
wenig. Hier gibt es an Quellenkritik und Quellenaufbereitung noch sehr viel zu tun.
Die Bedeutung der interdisziplinären Zusammenarbeit möchte ich in diesem Zusam¬
menhang sehr unterstreichen.
Edith Ennen, Bonn: Ich möchte auf einige Fragen von Herrn Fehn direkt antwor¬
ten: Unter Frühneuzeit verstehe ich den Zeitraum von rd. 1500—1800, und ich glau¬
be, in diesem Zeitraum haben wir uns auch bewegt. Es gibt ja durchaus verschiedene
Phasen der Entwicklung. Festungsstadt ist nicht gleich Vaubansche Festungsstadt,
zuerst kommt doch die altitalienische Befestigung, die neue italienische Befestigung;
dann folgt das große theoretische Werk von Speckle, das einen ersten Höhepunkt
darstellt, auch Dürer hat bereits neue Gedanken entwickelt. Obwohl es um die ganze
Epoche geht, wir uns aber hier aus Anlaß des Jubiläums von Saarlouis versammelt
haben, ist es berechtigt, das 17., auch noch das 18. Jahrhundert und Vauban gewis¬
sermaßen in den Mittelpunkt zu stellen; es war wirklich der große Höhepunkt des
Festungsbaues. — Was sind Festungsstädte? Wie heben sich diese Städte von anderen
befestigten Orten ab? Sicher gibt es große regionale Differenzierungen; aber ich glau¬
be, das Gemeinsame der frühneuzeitlichen Festungsstadt oder der frühneuzeitlichen
Festung beruht doch darauf, daß sie die äquivalente Antwort ist auf die Entwicklung
der Artillerie. Daraus ergibt sich die klare Abgrenzung gegenüber dem Mittelalter;
damals hatte man eben keine Artillerie, man brauchte und praktizierte eine ganz
andere Wehrbauweise. Die große Leistung der Festungsingenieure bestand doch darin,
aufgrund einer — das ist eben nicht mehr mittelalterlich, sondern tatsächlich frühneu¬
zeitlich — wissenschaftlichen mathematischen Methode den Verteidigungsbau gegen¬
über der Angriffswaffe gleich stark gestaltet zu haben, also für den Einsatz derselben
Waffen, die der Angreifer benutzt, der Artillerie, eine Befestigung zu bauen, die der
Verteidigungsartillerie zumindest gleiche Möglichkeiten schaffte, wenn sie ihr nicht
zunächst sogar die Überlegenheit über den Angreifer gab. Ich glaube, hierin liegt das
wesentliche Kennzeichen. — Die Formen der Verwirklichung waren sehr verschieden.
Wir haben aus Zeitgründen natürlich nur einen kleinen Ausschnitt aus Europa behan¬
deln können. Sehr speziell waren die Verhältnisse in Ungarn. Ich würde sagen, daß
hinsichtlich der bastionären Befestigung zwischen einer Hauptstadt wie Königsberg in
Ostpreußen, das vor allem befestigt wird, nachdem Brandenburg-Preußen die volle
Souveränität gewonnen hat, und einer befestigten Residenz wie Würzburg im Prinzip
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