Full text: Beiträge zur Geschichte der frühneuzeitlichen Garnisons- und Festungsstadt (13)

für Gärten freizugeben45. Damit wäre eine Entwicklung eröffnet worden, die, ähnlich 
wie das Grobe für München nachgewiesen hat und wie das in Bonn zu sehen war, in 
dem genannten Bereich großzügige städtebauliche Lösungen nur unter nachträglichen 
großen Opfern ermöglicht hätte. Die preußische Neubefestigung nach 1819 hielt jenes 
Gebiet jedoch im Besitz des Fiskus, bis es die Stadt nach Aufhebung der preußischen 
Festung 1890 auf Grundlage des Stadterweiterungsplanes von Josef Stübben46 mit 
einer Ringstraße in Umnutzungskategorie 4 überführt. 
Werfen wir noch einen Blick auf die nördlichste Residenzstadt am Rhein. Düssel¬ 
dorf nimmt in unserer Betrachtung eine gewisse Sonderstellung ein, da es seit dem 
Tod von Kurfürst Johann Wilhelm 1716 nicht mehr Residenzstadt ist. Aber es bleibt 
Hauptstadt des Herzogtums Jülich-Berg. Vor allem aber bleibt es Festung bis zum 
Frieden von Lunéville. Auch hier ergibt sich aus der Kopplung beider Funktionen 
immer wieder das Problem Stadtwachstum und Festungssicherung miteinander in 
Einklang zu bringen. Bis zur vollständigen Schleifung 180147 durch die Franzosen 
besitzt die Festungsfunktion Priorität bei allen Stadterweiterungsvorhaben. Der ehr¬ 
geizige Plan des Kurfürsten Johann Wilhelm von 1684, Düsseldorf um eine 100 
Morgen große Neustadt auf das Vierfache der Fläche zu erweitern, wird deshalb nicht 
wie in Koblenz mit der teilweisen Beseitigung der Festungswerke begonnen, sondern 
mit ihrer Vergrößerung. Doch hier übernimmt sich der Landesherr48. Auch die Siche¬ 
rung dieses großen Areals durch Graben und Erdwall (Retranchement), vervollstän¬ 
digt durch eine Polizeimauer (Circumvallationsmauer), kann den Festungsanforderun¬ 
gen nicht genügen. So müssen die alten Werke bestehen bleiben, die wie ein Riegel 
zwischen Altstadt und Neustadt liegen (äußere Extension). Die Siedler bleiben aus, die 
Stadterweiterung verkümmert. Durch das Notprogramm, die begonnene neue Anlage 
nach 1726 um zwei Drittel zu verkürzen, wird diese Situation petrifiziert. Allerdings 
entsteht damit innerhalb der Festung gesicherter Raum für die Karlstadt (innere Ex¬ 
tension)49. 
Auch in diesem Fall wiederholt sich der Interessenkonflikt Festung contra Stadt¬ 
erweiterung. Solange die verbliebenene Inneren Werke nicht beseitigt (1772 von Kur¬ 
fürst Karl Theodor angeordnet) und die neuen Straßen nicht durchgängig an die Alt¬ 
stadt angeschlossen werden, bleiben auch hier die Bauinteressenten aus. Mit Hilfe des 
Kurfürsten Karl Theodor können sich die Planer gegen die Absichten der Militärs 
durchsetzen; die neuen Quartiere können nach dem Plan des Ingenieur-Majors Rég¬ 
nier entstehen. Damit fallen in Düsseldorf bereits im Ancien Régime Teile der Fe¬ 
stungswerke unter Nutzungskategorie 1. Die großzügige Umgestaltung der Außenba¬ 
stionen zu Grünanlagen ermöglicht aber erst die endgültige Schleifung ab 1801 nach 
dem Frieden von Lunéville. 
45 Von der Dollen, Koblenzer Neustadt, S. 138. 
46 LHA Koblenz, Abt. 702 Nr. 8921, vgl. Busso von der Dollen, Raumplanung für die Erweite¬ 
rung einer rheinischen Residenzstadt im 18. Jh. und ihre Auswirkungen auf die moderne 
Stadttopographie. Am Beispiel Koblenz in: W. Besch, K. Fehn u. a. (Hrsgg.), Die Stadt in der 
europäischen Geschichte, Festschrift Edith Ennen, Bonn 1972, S. 784—805), S. 804. 
47 Edmund Spohr, Düsseldorf. Stadt und Festung, Düsseldorf 21979, s. 51. 
48 Spohr, a.a.O. S. 214. 
49 Spohr, a.a.O. S. 202 ff. und Karl Riemann, Die Karlstadt zu Düsseldorf. Ein Beitrag zur 
150-Jahrfeier, in: Düsseldorfer Heimatbll. 6, 1937, S. 1—42), pass. 
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