Full text: Beiträge zur Geschichte der frühneuzeitlichen Garnisons- und Festungsstadt (13)

läge ). Noch ist die Festung Koblenz geschlossen vorhanden. Südostwärts vor der 
Stadt wird seit 1777 am Rheinufer das neue Residenzschloß errichtet. Gehen die er¬ 
sten Planungen zunächst noch von einer Erweiterung oder reduzierten Beibehaltung 
der Festungswerke aus40, so rechnen die konkreten Pläne nach 1785 alle mit der Ver¬ 
fügbarkeit des Festungsgeländes, da der Streit mit dem Domkapitel offensichtlich 
beigelegt ist. Das Problem besteht in seiner Erschließung für die 1786 durch Edikt 
gegründete sogen. Neustadt oder Clemensstadt, einer Stadterweiterung, die in erster 
Linie das neue Residenzschloß optisch befriedigend in die Altstadt einbeziehen soll. 
Für die Einebnungsarbeiten im Bereich der Stadterweiterung, die sich von 1786 bis 
1789 hinziehen (für den Schloßbau ist nur ein Ravelin zwischen den Bastionen Ro߬ 
kopf und Schanze zu beseitigen), übernimmt der Kurfürst keine Verpflichtung. Ja, er 
verschleppt sie sogar, um zunächst die wenigen Bauwilligen auf die Straßenfront dem 
Schlosse gegenüber zu konzentrieren. Als aber dem Bau des Theaters, den ein Privat¬ 
unternehmer durchführt, Verzögerungen drohen, gestattet der Kurfürst den Einsatz 
von Soldaten zu Planierungsarbeiten. Für ihre Löhnung hat der Bauunternehmer 
aufzukommen. Nur im Bereich der Roßkopfschanze sorgt der Kurstaat für die Eineb¬ 
nung, weil er Bauherr des Nachfolgebaues, des Bauhofes (1) ist. Für die Strecke zwi¬ 
schen Roßkopf und Schanze ist die Stadt verantwortlich, die auch die dort entste¬ 
hende Straße am Clemensplatz zu planieren und zu pflastern hat. 
Als weitere Aufgabe stellt sich vorrangig die Anbindung der Neustadtstraßen an die 
Altstadt. Die Bauinteressenten in der Stadterweiterung sehen sie als lebenswichtig an. 
Davon zeugt ihre Reaktion auf Absichten des Bauamtes 1785 die bisher einzige Öff¬ 
nung und Verbindung zwischen Altstadt und Neustadtgebiet durch ein verschließba¬ 
res Tor zu sichern41. Die Stimmung bringt die aus Rotterdam zugezogene Madame 
Grand zum Ausdruck: Da sich diese Maßnahme herumspreche und sogar schon 
schriftlich ins Ausland mitgeteilt worden sei, werde aus der Stadterweiterung wohl 
nichts mehr. Als die Bauinteressenten Anstalten treffen, von ihren Voranmeldungen 
zurückzutreten, setzt die amtliche Baukommission alles daran, die Aufstellung des 
Tores zu verhindern, was ihr auch gelingt. Die wichtigen Straßen hinter der mittelal¬ 
terlichen Stadtmauer zielen in der Regel auf die alten Tore. Sie wurden, wie anderen¬ 
orts auch, im Zusammenhang mit der bastionären Befestigung geschlossen. Allein das 
neue Löhrtor (vgl. Beilage , Buchstabe b) sorgt seit 1661 für den südlichen Zugang 
zur Stadt. Was liegt näher, als die alten Eingänge wieder zu nutzen! Ihre Lage be¬ 
stimmt deshalb im Entwurf die Linienführung der Neustadtstraßen. Doch zur Ausfüh¬ 
rung gelangen in kurfürstlicher Zeit nur die Durchbrüche Karmeliter- (3) und Schan¬ 
zenpfortenstraße (heute Poststraße, 2), die beide keine mittelalterlichen Torvorgänger 
besitzen. Die Schanzenpforte (c) liegt in der Mittelachse des Paradeplatzes (heute 
Görresplatz, 1). Die Achse wird in die Lindenallee der Schloßanlagen verlängert, 
womit eine städtebaulich befriedigende Verbindung Altstadt-Neustadt geschaffen 
worden ist. 
Aufschlußreich sind die Erörterungen über die Gestaltung der Poststraße (2), da sie 
das Verhältnis der Zeit zu dem mittelalterlichen Relikt Stadtmauer widerspiegeln. 
40 Von der Dollen, Koblenzer Neustadt (s. o. Anm. 15), S. 20 ff. und die Planbeilage „Koblenz 
— Rekonstruktion der Neustadt zu Ende der kurfürstlichen Zeit (um 1794) M. 1 : 2 500 
41 Von der Dollen, Koblenzer Neustadt, S. 150. 
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