die Armierung seiner Hauptstadt3. Ebenso wie Paris erhält Berlin eine Akzisemauer,
die nicht mehr militärische, sondern nur noch Steuer- oder zolltechnische und polizei¬
liche Aufgaben erfüllt, deshalb auch als Polizeimauer bezeichnet4. Bis zum Ende des
18. Jahrhunderts verlieren die Residenzstädte Münster (ab 1764), Kassel (ab 1767),
Hannover (1763—1790) und Koblenz (ab 1777) ihre Aufgabe als Landesfestung.
Mannheims Festungswerke werden erst nach der französischen Eroberung geschleift
(1799—1801 )5. Auch Düsseldorf6 bleibt bis 1801 Festung.
II. Politische Implikationen
Entspringt die Anlage seiner Festung einem strategischen Kalkül und stellt somit
eine politische Entscheidung dar, so ist die Entfestigung ein nicht minder politischer
Akt. Er ist sowohl innen- als auch außenpolitisch abzusichern, wie sich an den beiden
kurfürstlichen Residenzen Bonn7 8 und Koblenz darlegen läßt. Bereits 1713 sieht der
den Spanischen Erbfolgekrieg beendende Utrechter Frieden die vollständige Schleifung
der Bonner Festungswerke vor. Diese sind im 30-jährigen Krieg begonnen und lau¬
fend vervollständigt worden. Die größten Anstrengungen zu ihrem Ausbau in Vau-
banscher Manier unternahmen 1688/89 die Franzosen, wovon ein ausführliches
Gutachten des Gouverneurs von Saarlouis, Thomas de Choisy, zeugt3. Die Instandset¬
zungsarbeiten nach der Zerstörung Bonns 1689 führen, da Kurfürst Josef Clemens sie
ohne Bewilligung vornimmt9, 1697 erstmals zu der Forderung der Landstände, die
Werke zu schleifen. Wiederholt wird diese Forderung auf den Landtagen von 1698
und 1699. Obwohl der Kurfürst auf der einen Seite Zusagen macht, sorgt er auf der
anderen Seite doch für die weitere Instandsetzung, um den kaiserlichen Forderungen
nachzukommen. Allerdings schwächt er ihren Wert auf der Südostfront erheblich
durch den Neubau des Residenzschlosses (seit 1697) ein10. Für den Bau des Buenretiro
3 Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, 10. Bd., Berlin und Brandenburg, hsg. v.
Gerd Heinrich, Stuttgart 1973, Artikel „Berlin“ von Gerd Heinrich. Die Festung Breisach
wird 1743 von Österreich geschleift, um sie nicht mehr französischen Angriffen auszusetzen.
Freiburg wird 1744 durch Feindeinwirkung gebrochen. Handbuch der Historischen Stätten
Deutschlands, 6. Bd., Baden-Württemberg, hsg. v. Max Miller, Stuttgart 1965, Artt. „Brei¬
sach“ und „Freiburg“ von Wolfgang Stülpnagel.
4 Johannes Bischoff, Die städtegeschichtlichen Kriterien der Hugenotten- und Residenzstadt
Christian-Erlang 1686—1812, Kurzfassung bei Edith Ennen und Franz Irsigler (Hsgg.),
Die frühneuzeitliche Stadt, Referate und Aussprachen, In: Westfäl. Forschungen 24, 1972,
S. 14—17.
5Badisches Städtebuch, hsg. von Erich Keyser (Deutsches Städtebuch, Bd. IV, 2), Stuttgart
1959, Art. „Mannheim“, von Gustav Jacob.
6 s. u.
7 Zur Geschichte der Haupt- und Residenzstadt Bonn vgl. Edith Ennen, Grundzüge der Ent¬
wicklung einer rheinischen Residenzstadt im 17. und 18. Jh. Dargestellt am Beispiel Bonns, in:
Aus Geschichte und Landeskunde. Forschungen und Darstellungen. Franz Steinbach zum
65. Geburtstag. S. 441—483, Bonn 1960, pass, und Edith Ennen, Geschichte der Stadt Bonn,
II. Teil, Bonn 1962.
8 Gebhard Aders, Bonn als Festung. Ein Beitrag zur Topographie der Stadt und zur Geschichte
ihrer Belagerungen (Veröffentlichungen des Stadtarchivs Bonn, Bd. 12) Bonn 1973, S. 59 ff.
9 Aders a.a.O., S. 94 f.
10 Hans-Joachim Kunst, Die Stadtresidenz der Kölner Kurfürsten von den Anfängen bis zum
Brand am 16. Januar 1777 in: Heinrich Lützeier (Hsg.), Die Bonner Universität. Bauten und
Bildwerke, Bonn 1968, S. 11.
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