rung erschwerten. Selbst der Stadtrat verfuhr bei Exemtionen vom Wachdienst, die
ihm Vorbehalten waren, zuweilen recht großzügig oder machte aus Opportunität
sogar Steuern bei einflußreichen Personengruppen nicht geltend45, womit natürlich in
gleicher Weise dem Durcheinander und der Ungleichheit Vorschub geleistet wurde.
Doch nicht genug damit, an Konflikten und Reibungen, die sich aus dem zunächst
ungewohnten Nebeneinander von Bürgerschaft und Friedensgarnison ergaben, man¬
gelte es in diesen Jahrzehnten nicht46. Das ist u. a. der unklaren Abgrenzung der ge¬
genseitigen Rechte, Befugnisse und Ansprüche zuzuschreiben, die vor allem in den
ersten Jahren der ständigen Belegung der Stadt mit Truppen zu Differenzen beim
Wachdienst47, zu Rangstreitigkeiten zwischen den Offizieren der Bürgerwehr (Aus¬
schuß) und den militärischen Befehlshabern48 sowie zu Kontroversen über die Quar¬
tiere, Servisleistungen und sonstige Reichnisse49 führte. Dazu trug außerdem die oft
schlechte Disziplin der Soldaten bei, denen die Städter aftdererseits mit großem Mi߬
trauen gegenüberstanden und vor deren Übergriffen sie zeitweise wohl nur unzurei¬
chend geschützt wurden50. Sieht man einmal von schweren kriminellen Delikten ab,
die in der Regel streng geahndet wurden, so handelte es sich hierbei zumeist um Ein¬
griffe in „bürgerliche Hantierungen“, sei es, daß sich die Soldaten unzulässig als Spiel¬
leute bei Festen und in Gasthäusern hören ließen und den städtischen Musikanten
Arbeit und Brot nahmen51, einige Chargen nebenbei eine Schenke betrieben und somit
die zivilen Konkurrenten auf den Plan riefen52, sich die Soldaten durch Schuhflickerei
ein Zubrot verdienten und Beschwerden seitens der Altmacher zuzogen53, sich andere
in den Handel mit Fleisch54 oder mit alten Kleidern einschalteten55 oder sich als Beur¬
laubte bei Handwerkern verdingten56, oder sei es, daß Soldatenfrauen Viktualien
verkauften57 oder gekochte Speisen feilhielten58 und demnach die Hökner bzw. die
Garköche in ihrem Gewerbe schädigten. Zu eindeutigen Regelungen sollte es bei der¬
artigen Spannungen indes nur selten kommen, denn der Landesherr und seine Regie¬
45 StadtA Würzburg, Ratsprotokoll 33, fol. 390.
46 Vgl. dazu auch Sicken, S. 24 ff.
47 StadtA Würzburg, Ratsprotokoll 37, fol. 9V, 25, 245, 246 ff.; Ratsprotokoll 39, fol. 66 v ff.,
293 ff.
48 StadtA Würzburg, Ratsprotokoll 35, fol. 78; Ratsprotokoll 39, fol. 66 v ff.
49 StadtA Würzburg, Ratsakten 1285, 18. 1. 1701; Ratsakten 1290, 28. 7. 1650; Ratsprotokoll
52, fol. 161; StA Würzburg, Gebrechenamtsakten IV W 261, undatiert. — Renitenten Bür¬
gern, die sich der Quartierpflicht zu entziehen suchten, wurden auf herrschaftliche Anordnung
im Jahr 1649 sogar zur Strafe kurzerhand jene verheirateten und kinderreichen Soldaten auf¬
gehalst, die als die „ärgsten“ verschrieen waren. StadtA Würzburg, Ratsprotokoll 35, fol.
383 f.
50 Vgl. Scherf, S. 30 Anm. 16.
51 StadtA Würzburg, Ratsbuch 72, S. 10; Ratsakten 882, 23. 5. 1701. Vgl. zudem Flecken¬
stein, S. 95 f.
52 Sammlung der Landes-Verordnungen I, S. 354 f., 503 ff.; StA Würzburg, Gebrechenamtsakten
V W 78/367, 28. 7. 1729.
53 StA Würzburg, Gebrechenamtsprotokoll 1720, fol. 103.
54 StadtA Würzburg, Ratsprotokoll 34, fol. 286.
55 StadtA Würzburg, Ratsbuch 255, S. 50.
56 Die Beschäftigung von Soldaten, die ordnungsgemäß ein Handwerk erlernt hatten, war zuläs¬
sig, doch erhoben die Zünfte aus Mißgunst dagegen zuweilen Einspruch. StA Würzburg,
Gebrechenamtsprotokoll 1739, fol. 1168 v ff. Vgl. zudem StadtA Würzburg, Ratsprotokoll 97,
unfoliiert (nach fol. 36).
57 StadtA Würzburg, Ratsbuch 257, S. 71.
58 StadtA Würzburg, Ratsprotokoll 40, fol. 153.
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