Parallel dazu entstanden berufsgebundene Selbsthilfevereine, um sich durch gegenseiti¬
ge Unterstützung neben den Zahlungen der Knappschaftskasse für Notfälle zu si¬
chern8 9. Da die Knappschaftsbeihilfen kaum die Begräbniskosten deckten bzw. beim
Ableben der Ehefrau überhaupt nicht ausgezahlt wurden, bildete man zunächst ,,Berg-
manns-Sterbe-KassenDer erste derartige Verein — 1861 in Dudweiler gegründet —
folgte dem Zweck, ,,seinen Mitgliedern eine Beihülfe für Sterbefälle zu gewähren und
denselben eine anständige Beerdigung zu sichern“'"’. Auf der Grundlage dieses Statuts
gründete man in den nächsten Jahren weitere bergmännische Sterbekassen in Sulzbach,
Friedrichsthal, Bildstock, Quierschied, Saarwellingen, Wahlschied, Lummerschied
und Holz10. Vielfach erweiterten sich diese Vereine in den 70er Jahren zu ,,Kranken-
Unterstützungs- und Sterbekassen-Vereinen“, die ihre Unterstützungszahlungen nun
auch auf Krankheitsfälle ausdehnten11. Insbesondere diese kombinierte Organisations¬
form erreichte im Saarrevier die mit Abstand größte Ausbreitung. Im November 1891
existierten derartige Vereine in Altenkessel, Altenwald, Burbach, Klarenthal, Cölln,
Dudweiler, Friedrichsthal, Fürstenhausen, Geislautern, Guichenbach, Heusweiler,
Quierschied, Sellerbach, Sulzbach und Völklingen (Kreis Saarbrücken); Aschbach, El¬
versberg, Eppelborn, Hangard, Hasborn-Dautweiler, Uberroth, Heiligenwald,
Landsweiler, Michelsberg, Ottweiler, Schiffweiler, Spiesen, Steinbach, Thalexweiler,
Theley, Wiebelskirchen und Wiesbach (Kreis Ottweiler); Außen, Bettingen, Bisten-
Uberherrn, Gresaubach, Hüttersdorf-Buprich, Limbach und Reisweiler (Kreis Saar¬
louis); Bliesen, Namborn und Urexweiler (Kreis St. Wendel); Düppenweiler, Lock¬
weiler, Krettnich, Dagstuhl, Altland, Vogelsbüsch, Losheim, Nunkirchen, Oppen-
Reimsbach (Kreis Merzig)12.
Nach den ,,Einigungskriegen“ blühten auch an der Saar die Kriegervereine auf. ,,Ihr
Ziel war, das Erlebnis des Krieges und der Frontkameradschaft zu erhalten und in das
zivile Leben hinüberzuretten“1'. Auch hier sollte der Fahneneid und damit die Bin¬
dung an die Person des Monarchen weiter gelten14 15. Spätestens seit 1887 wurden die
Kriegervereine zu unbedingt regierungstreuen Organisationen umfunktioniert, da von
nun an die sozial eminent wichtige Fahnenverleihung an patriotisches Wohlverhalten
geknüpft war13. Die soziale Zusammensetzung der Kriegervereine läßt sich nur schwer
eruieren, da diese nicht als politische Vereine angesehen wurden und darum keine Mit¬
8 Nach den Berechnungen von Ulrike Geis /Hans-Jürgen Enzweiler /Peter Bierbrauer:
Die Sozialpolitik an der Saar im 19. Jahrhundert, in: ZGS 26 (1978), S. 78 — 117, spez. S.
90 — 92, 113 — 117, setzten die Knappschaftszahlungen Nebeneinkünfte der Rentner voraus.
Die Invalidenrente hatte den ,,Charakter eines Zuschusses (in Höhe von 2/3 etwa)“ (S. 92).
9 Statut St. Johann 1862, Exemplar SADU, F 6, Nr. 1, Vol. 1.
10 Bgmfr. vom 16. 2. 1877 (Nr. 7).
11 Bgmfr. vom 23. 2. 1877 (Nr. 8).
12 Übersicht über die neben dem Saarbrücker Knappschaftsverein bestehenden besonderen
Kranken-, Sterbe- und sonstigen Unterstützungskassen, LASB 564/1126, 283 — 285. Ein Ver¬
zeichnis der in der Saar- und Westpfalz bestehenden Vereine findet sich in LASB 564/1127, 64
ff. Zu den Unterstützungskassen im Ruhrgebiet vgl. Tenfelde: Sozialgeschichte, S.
354-357.
13 Henning, S. 436. Vgl. A. Bendix: Preußens Kriegervereine einst und jetzt, ¿.Berlin 1893.
Alfred Westphal: Das deutsche Kriegervereinswesen, seine Ziele und seine Bedeutung für
den Staat, Berlin 1903.
14 Alfred Westphal: Kriegervereine gegen Sozialdemokratie. Ein Mahnwort an die gebildeten
Stände, Berlin 1891, S. 8 f.
15 Erlaß IM Puttkamer vom 9. 1. 1887, Abschrift LH AK 403/5366, 41. Vgl. Saul: Der Deut¬
sche Kriegerbund, S. 100 ff. Henning, S. 444 f.
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