Full text: Die Anfänge der Bergarbeiterbewegung an der Saar (1848 - 1904)

der Bäcker verkehrten24. Wenn auch die „Ära Stumm“ auf nationaler Ebene mit dem 
Fall der ,,Zuchthausvorlage“ 1899 zu Ende ging und der Hüttenbesitzer im selben Jahr 
durch Indiskretion das Vertrauen des Monarchen verlor25 27, so blieben seine Vorstellun¬ 
gen im Saarrevier auch nach seinem Tode 1901 lebendig. Unter Alexander Tille 
(1866 — 1912), dem neuen Syndikus der Handelskammer, der sich ausdrücklich als Er¬ 
be Stumms verstand2*5, bekräftigte man am 11. September 1903 das Sozialistengesetz; 
der im Mai des folgenden Jahres gebildete ,,Arbeitgeberverband der Saarmdustrie“ ar¬ 
beitete zu diesem Zweck nachweisbar mit ,,schwarzen Listen“27. Gleichzeitig begann 
man in den Hütten wirtschaftsfriedliche Werkvereine zu gründen28 31; „die Unternehmer 
erkannten damit den Organisationsgedanken an, gossen ihn aber in eine Form, die ih¬ 
nen paßte“2**. 
Auch die Bergwerksdirektion hielt an der 1893 eingeschlagenen Linie fest. In den fol¬ 
genden Jahren blieb der durchschnittliche Nettoverdienst der Saarbergleute deutlich 
hinter dem der Ruhrkumpel zurück2“: 
Ruhr 
Saar 
Jahr 
M. pro Schicht 
M. pro Jahr 
M. pro Schicht 
M. pro Jahr 
1894 
3,16 
961 
3,24 
921 
1895 
3,18 
968 
3,27 
929 
1896 
3,29 
1 035 
3,28 
966 
1897 
3,57 
1 128 
3,34 
982 
1898 
3,74 
1 175 
3,40 
1 015 
1899 
3,96 
1 255 
3,46 
1 019 
1900 
4,18 
1 332 
3,56 
1 044 
Da die Lebensmittelpreise nach wie vor dieselbe Höhe wie im Ruhrgebiet aufwiesen1', 
muß auf eine zumindest stagnierende Reallohnbewegung geschlossen werden. Die 
Fehlbeträge in den Haushaltsbudgets der Bergarbeiterfamilien an der Saar stiegen je¬ 
denfalls 1893 auf 528 M. an und blieben während der gesamten 90er Jahre auf diesem 
24 BM Neff/St. Johann an LR vom 15. 1. 1901, KrASB S/ll. LR Fidler/SB an Garnisonskom¬ 
mando/SB vom 21. 1. und 31. 5. 1901, ebd. 
25 Jaeger, S. 174 f. Hellwig: Stumm, S. 558. 
26 Vgl. Armin Tille: Ein Kämpferleben. Alexander Tille 1866 — 1912, Gotha 1916. Otto 
Kamm : Alexander Tille als Wirtschaftswissenschaftler, Diss. Frankfurt 1923. Kritisch dazu 
Gabel, S. 104-115. 
27 Gabel, S. 115 — 119. Beilot, S. 110. Vgl. Gerhard Keßler : Die deutschen Arbeiterge¬ 
berverbände (= Schriften des Vereins für Socialpolitik, Bd. 124), Leipzig 1907. 
28 Vgl. die programmatische Flugschrift „Was sind und was wollen die WerkvereineSANK, 
Ungeordnete Bestände. Kulemann: Berufsvereine, Bd. 2, S. 464 — 467. Gabel, S. 
162 — 170. Klaus J. Mattheier: Die Gelben. Nationale Arbeiter zwischen Wirtschaftsfrie¬ 
den und Streik, Düsseldorf 1973. 
29 Gabel, S. 143. 
30 Imbusch, S. 105. Pieper, S. 73. Bentz, S. 128. Vgl. die Lohnaufschlüsselung nach Ar¬ 
beiterklassen bei E. Müller, S. 155 f. sowie den auf den Jahres Verdiensten der Hauer und 
Schlepper basierenden Reviervergleich bei Kiefer: Organisationsbestrebungen, S. 221. 
31 Vgl. die Tabelle bei Bentz, S. 136 f. 
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