ze im Interesse der besitzenden Klassen gemacht, nicht für Arbeiter“13, kommentierte
Emmel.
Bereits am 8. Dezember 1891 verabschiedete eine Versammlung der Grubenausschüsse
in Dudweiler eine Resolution an Berlepsch, in der die Erfüllung der ,,Völklinger Be¬
schlüsse“ durch die Bergbaunovelle gefordert wurde14. Laut Peter Klein Unterzeichne¬
ten 29 790 Bergleute und 6000 Geschäftsleute diese Eingabe15. Kurz nach der ersten
Lesung richtete eine Bildstocker Versammlung am 21. April 1892 erneut eine Eingabe
an Innenminister Herrfurth. Man verlangte darin den Achtstundentag für sämtliche
Grubenarbeiter, einen Hauergarantielohn von 5 M., die Absetzung der Schlepper¬
schichten um ein Sechstel auf die Dauer von 3 Jahren, die Abschaffung des „Nullens“,
eine Bevorzugung der Bergmannssöhne bei der Anlegung sowie ein Schiedsgericht, oh¬
ne dessen Zustimmung keine Entlassung statthaft sein sollte16.
Das Übergehen dieses Forderungskatalogs in den weiteren Gesetzesberatungen
schwächte das Vertrauen in die kaiserlichen Reformversprechen und verlieh der sozial¬
demokratischen Argumentation größere Glaubwürdigkeit. Die dadurch ausgelöste Un¬
ruhe gewann jedoch erst durch die Folgen der einsetzenden Krise ihre Brisanz: Bereits
Mitte 1890 endete der konjunkturelle Aufschwung für die Eisenindustrie; Produk¬
tionsrückgänge, Absatzstockungen und Preisstürze waren hier seitdem an der Tages¬
ordnung17 18. „Die Löhne der Hüttenarbeiter sind jetzt so gering, daß diese kaum das
nackte Leben fristen können und vielfach die Privatwohlthätigkeit eintreten rnuß“lÄ,
berichtete der Völklinger Bürgermeister Stürmer im Januar 1892. Im Herbst kam es in
der Röchlinghütte sowie den Glasfabriken zu Entlassungen19 20; auch Grube Hosten-
bach2u und die Dillinger Hütte21 drohten mit diesem Schritt. Seit dem Einsetzen dieser
Depression forderten die wirtschaftlichen Vereine der Saarindustrie mit Vehemenz eine
Senkung der Kohlenpreise22 23. „Da die Rentabilität der staatlichen Gruben ein weiteres
Sinken der Kohlenpreise, welches wegen Erhaltung der Steuerkraft der hiesigen Indu¬
strie auch im Interesse des Staates liegen muß, ,,. zur Zeit jedoch nur in gleichem Ver¬
hältnis mit einer Herabsetzung der Arbeiterlöhne zulassen dürfte, so würde die Erfül¬
lung der berechtigten Wünsche der Industriellen hauptsächlich davon abhängen, ob
nach den Umständen eine solche Herabsetzung der Löhne in den staatlichen Gruben
angestrebt und durchgeführt werden kann“22, diagnostizierte der Saarbrücker Regie¬
rungsassessor Wardmann.
Die Bergwerksdirektion gab den „berechtigten Wünschen der Industriellen“ nur sehr
zögernd nach. Der Durchschnittspreis für Kohlen sank 1891 lediglich um 61 Pfg. auf
13 BM Förster/Friedrichsthal an LR vom 22. 4. 1892, Konzept SAFR, Acta RSV, Ausfertigung
KrASB S/7, Abschriften LHAK 442/4376 und 403/6836, 3 — 13.
14 Abschrift HStAD, Best. OBA Bonn, Nr. 2250, 195 — 199.
15 Erinnerungen Peter Kleins, in: Levenstein, S. 107 — 115, hier S. 112.
16 Abschriften KrASB S/7 und LHAK 403/6836, 79 — 82. Vgl. Schlägel und Eisen vom 16. 4,
(Nr. 16) und 23. 4. 1892 (Nr. 17). Kiefer: Organisationsbestrebungen, S. 54 f.
17 Vgl. HK-Jahresbericht 1890, S. 5. RA Bötticher/SB an RPvom29. 8. 1891, LHAK 442/4160.
W. Born, S.53. Vogelstein, S. 8-18. Zörner, S. 10 f. Hermann Müller: Die Über¬
erzeugung im Saarländer Hüttengewerbe von 1856 bis 1913 (= Beiträge zur Erforschung der
wirtschaftlichen Wechsellagen Aufschwung, Krise, Stockung, Bd. 10), Jena 1935, S. 36 — 38.
18 BM Stürmer/VK an LR vom 26. 1. 1892, KrASB S/7.
19 RR Beckmann/Trier an RP vom 2.2. 1893, LHAK 442/4269.
20 LR Helfferich/SLS an RP vom 13. 12. 1892, LHAK 442/4250.
21 Dillinger Hüttenwerke AG an RP vom 12. 12. 1892, ebd.
22 Vgl. SGB vom 28. 9. 1890 (Nr. 39). SJZ vom 24. 5. 1892 (Nr. 120).
23 RA Wardmann/SB an RP vom 31. 8. 1892, LHAK 442/4160.
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