Die Behörden standen dem Verein zunächst überaus wohlwollend gegenüber. Landrat
Tenge hielt ihn für unterstützenswert, da er nicht auf konfessioneller Grundlage gebil¬
det sei, sondern eine direkte Gegengründung gegen den gleichfalls überkonfessionellen
RSV10 11. Entsprechend wies er den Neunkircher Bürgermeister Ludwig an: „Sie wollen
dem Vereine und der Förderung desselben Ihre Aufmerksamkeit zu,wenden“n. Auch
die Stumm nahestehende „Saar- und Blies-Zeitung“ forderte zum Beitritt in den „Ge¬
mäßigten Verein“ auf, weil er weniger Beitrag als der RSV erhebe12. Der Neunkircher
Bürgermeister Hermann Ludwig13 15 schätzte die Situation realistischer ein: Er attestierte
der neuen Organisation bereits Anfang Dezember 1889, daß sie „kaum lebensfähig
bleiben (wird), da der Vorsitzende bei allem guten Willen nicht die nöthigen Fähigkei¬
ten zur Leitung desselben besitzt und auch nicht beliebt genug ist“]4. Ende des Jahres
mußte Landrat zur Nedden feststellen, daß der „Gemäßigte Verein“ dem RSV nur we¬
nig geschadet habe. Er sei eine „anscheinend nur künstlich und kärglich ihr Leben fri¬
stende Nebenbildung“^.
Ein Auflösungsdatum des „Gemäßigten Bergmanns-Vereins“ läßt sich nicht feststel¬
len; der Verein scheint eingeschlafen zu sein. Als sicher aber kann gelten, daß seitdem
im Neunkircher Raum eine Strömung unter den Bergleuten weiterexistierte, die gegen
den RSV Front machte. So fand hier beispielsweise am 26. April 1891 eine Versamm¬
lung unter Leitung von Dorst statt, die gegen die Teilnahme am internationalen Bergar¬
beiterkongreß in Paris protestierte16.
10 LR Tenge/OTW an RP vom 9. 11. 1889, LHAK 442/4138.
11 LR Tenge/OTW an BM/NK vom 14. 12. 1889, SANK, F 30 P.
12 SBZ vom 21. 1. 1890 (Nr. 17).
13 Vgl. Neunkirchen (Saar). Stadt des Eisens und der Kohle. Ein Buch vom Werden und Wesen
einer Industriestadt, Neunkirchen 1955, S. 173 f.
14 BM Ludwig/NK an LR vom 9. 12. 1889, SANK, F 30 P.
15 LR zur Nedden/SB an RP vom 22. 12. 1889, Kr ASB S/4a.
16 PK Brasch an BM Ludwig/NK vom 27. 4. 1891, Abschrift LHAK 442/4221.
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