Full text: Die Anfänge der Bergarbeiterbewegung an der Saar (1848 - 1904)

5 Die Bildung des Rechtsschutzvereins 
5.1 Gründung und Organisationsstruktur 
Bereits am 13. Juni 1889 meldete der Friedrichsthaler Bürgermeister Förster, daß das 
Streikkomitee die Bildung eines „Rechtsschutzvereins für die bergmännische Bevölke¬ 
rung des Oberbergamtsbezirks Bonn“ beabsichtige. Die Komiteemitglieder nähmen 
bereits Beitrittserklärungen von Bergleuten der vier streikenden Inspektionen entge¬ 
gen1. Die Vereinsgründung erfolgte also auf dem Weg der ,,Permanenzerklärung (ei¬ 
nes) Streikkomitees“, als ,,urwüchsige Organisation aus dem Konflikt“, wie Klaus Ten- 
felde diesen häufig zu beobachtenden Vorgang in der Arbeiterbewegung nannte2. Die 
Masse der Bergleute wurde zu diesem Schritt ebenso durch die erzielten Erfolge wie 
durch die noch nicht erfüllten Forderungen stimuliert. Die Massenversammlungen be¬ 
wiesen ihnen ihre Kraft, und anerkannte Autoritäten hatten sich ihrer Meinung nach 
der Bergleute angenommen: Der Kaiser in Berlin und Dasbach in Bildstock. 
Als sicher kann gelten, daß die maßgebenden Vertreter des Zentrums an der Saar die 
Gründung beeinflußten. Am 11. Juli berichtete Landrat zu Nedden über die ,,inti- 
m(e)“ Bekanntschaft Warkens und Bachmanns mit Pfarrer Laven3. Am 15. Juli wurde 
Heinrich Dehmelt von Dasbach zu einer Besprechung beim Friedrichsthaler Pfarrer 
eingeladen4, Dehmelt wiederum soll das RSV-Statut eingebracht haben5 6. Dasbach be- 
zeichnete zwar am 13. März 1890 die „Grundidee des Rechtsschutzvereins“ als iden¬ 
tisch mit der seines ,,Trierischen Bauernvereins“^, doch öffentlich sprachen sich weder 
er noch andere exponierte Vertreter des Zentrums für die Gründung aus7. Die Impulse 
zur RSV-Gründung gingen vom Streikkomitee aus, wenn auch angenommen werden 
kann, daß Dasbach das Statut des westfälischen RSV besorgte und befürwortete. 
Am 21. Juli 1889 wählten die Bergleute ihre Vertrauensmänner in den einzelnen Ort¬ 
schaften8; die konstituierende Versammlung des RSV fand am 28. Juli in Bildstock 
statt. Den Vorstand besetzte man „zur Vermeidung von Kosten“ aus Mitgliedern, die 
,,in Bildstock oder dessen Nähe“ wohnten. Im wesentlichen finden sich hier die Mit¬ 
glieder des Streikkomitees wieder: Präsident Nikolaus Warken, Vizepräsident Matthias 
Bachmann, Kassierer Nikolaus Kron/Bildstock, Schriftführer Nikolaus Berwanger/ 
Theley, Stellvertreter Johann Werny/Bildstock, Beisitzer Jakob Thome/Altenwald, Jo¬ 
hann Müller/Friedrichsthal, Jakob Wagner/Bildstock und Matthias Klasen/Bildstock. 
Als Syndikus gewann man den St. Johanner Rechtsanwalt Döhrner, einen namhaften 
1 BM Forster/Friedrichsthal an LR vom 13. 6. 1889, SAFR, Best. RSV, 62. 
2 Tenfelde: Konflikt und Organisation, S. 233. 
3 LR zur Nedden/SB an RP vom 11.7. 1889, LHAK 442/4138. Vgl. BM Forster/Friedrichsthal 
an LR vom 27. 12. 1889, KrASB S/4a. 
4 Aktennotiz BM Forster/Friedrichsthal vom 15. 7. 1889, SAFR, Best. RSV, 76. 
5 LR zur Nedden/SB an RP vom 22. 12. 1889, KrASB S/4a. 
6 LT-Protokolle, 17. LP, 2. Sess. 1889/90, Bd. 2, S. 627. 
7 Für die Behauptungen von Beilot (S. 180), Fohrmann (S. 205 f.) oder gar von Gabel 
(S. 82: ,,Hier sprang Kaplan Dasbach helfend ein, indem er einen Rechtsschutzverein gründe¬ 
te“) fehlen alle Belege. Hue: Bergarbeiter, Bd. 2, S. 398, kommt der Wahrheit am nächsten, 
wenn er Dasbach als ,,geheime(n) Ratgeber“ bei der Vereinsgründung bezeichnet. 
8 BM Forster/Friedrichsthal an LR vom 4. 9. 1889, SAFR, Best. RSV, 112. 
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