Full text: Landesherr und Landesverwaltung

ten bezahlt102. Die Einrichtung eines lutherischen Konsistoriums erfolgte im 
Jahre 1708. Die kirchenaufsichtlichen Befugnisse über die Reformierten wurden 
dagegen von der Regierung selbst wahrgenommen. 
Es ist durchaus verständlich, daß es nicht zum konfessionellen Frieden beitrug, 
wenn die Reformierten in Orten, in denen sich mehrere Lutheraner angesiedelt 
hatten, ihre Kirche aufgrund einer staatlichen Anordnung zum Simultan¬ 
gebrauch103 zur Verfügung stellen mußten und zur Bestreitung der Kosten des 
lutherischen Kirchen- und Schulwesens herangezogen wurden. Die konfessio¬ 
nellen Spannungen verschärften sich noch, als in der folgenden Zeit Lutheraner 
bei der Vergabe öffentlicher Stellen bevorzugt wurden104. 
Als nach dem Tod Karls XII. (1718) mit Gustav Samuel Leopold ein Katholik die 
Regierung übernahm, entstanden in Pfalz-Zweibrücken auch wieder katho¬ 
lische Gemeinden. Der Fürst erklärte 1719 die Religionsfreiheit für alle im 
Westfälischen Frieden anerkannten christlichen Konfessionen. Er bestätigte am 
14. Januar 1719105 die Rechte der Reformierten, versicherte am 20. Januar 
1719106 den Lutheranern die freie Ausübung ihrer Religion, stellte am 28. 
Januar Katholiken und Protestanten beim Eingehen von Mischehen gleich107 
und richtete am 24. April 1719 auch das reformierte Oberkonsistorium, dem 
nach seiner Einsetzung durch Friedrich Ludwig im Jahr 1665 nur eine kurze 
Dauer beschieden war, wieder ein108. 
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Ähnlich wie in der Kurpfalz sollte nun auch in Pfalz-Zweibrücken - unter dem 
erklärten Anspruch der Toleranz - für die Konfessionen eine Zeit der Begünsti¬ 
gung der Katholiken einsetzen. Gustav Samuel Leopold gab am 25. März 1719 
den reformierten Inspektoren zu verstehen, daß er es gern sehen würde, wenn 
sie in den Orten, wo die Katholiken keine eigene Kirche hätten, diesen die 
reformierte Kirche zur Abhaltung des Gottesdienstes überlassen würden109. 
Zur Besoldung der katholischen Geistlichen stellte das reformierte Oberkonsi¬ 
storium, neben Zuschüssen von Gustav Samuel Leopold, seit dem Vergleich 
vom 13. Mai 1720 jährlich 500 fl. zur Verfügung110 - ein Betrag, der bis 1792 
gezahlt wurde111. Auch zwischen Lutheranern und Reformierten kam es zu 
102 Vgl. dazuBiUNDO, Geschichte der lutherischen Gemeinde, S. 57 f. 
103 Vgl. dazu may, Simultankirche, S. 310. 
104 Vgl. dazu bachmann, Pfalz Zweibrückisches Staats-Recht, S. 221, sowie neubauer, 
Kirchen- und Schulgeschichte, S. 18. 
105 Vgl. dazu faber, Staats-Cantzley, Bd. XXXIX, S. 25 f; bachmann, Pfalz Zweibrücki¬ 
sches Staats-Recht, S. 225 ff. 
106 Vgl. dazu molitor, Geschichte einer deutschen Fürstenstadt, S. 396. 
107 molitor, Urkundenbuch Zweibrücken, S. 196; agricola, Disputaüo, S. 133 f. 
108 Vgl. dazu SOHN, Geschichte der Kirchenschaffnei Zweibrücken, S. 193. 
109 KSchA Zweibrücken VI, Nr. 1169. Siehe dazu auch may, Simultankirche, S. 313. 
110 Siehe dazu molitor, Urkundenbuch Zweibrücken, S. 199-202. 
111 Vgl. dazu biundo, Geschichte der lutherischen Gemeinde, S. 58. 
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