16. Jahrhunderts in anderen Territorien293 besaßen, scheinT der pfalz-zwei-
brückische Kammersekretär, wie aus den spärlichen Belegen zu ersehen ist,
nicht erreicht zu haben. Dies mag daran gelegen haben, daß verschiedene
andere Räte, die zugleich Mitglieder des Ratskollegiums waren, Einfluß auf die
Reichs- und Außenpolitik besaßen wie beispielsweise der Kanzler Heinrich
Schwebel294. Bei seiner Tätigkeit war er zwar generell auf den Bereich der
Kanzlei festgelegt295, doch schloß dies nicht aus, daß er, wie auch vertraute
Räte, als Spezialreferent zu geheimen Geschäften hinzugezogen werden konnte;
es handelte sich dabei offensichtlich jeweils um Spezialbefehle und nicht um
ständig zugewiesene Aufgaben296.
Von seiner Kammer gibt Johann I. - wie bereits erwähnt - persönlich die Direk¬
tiven. Dieses Absetzen des Landesherrn von dem kollegialen Rat hat sich in
Pfalz-Zweibrücken längst nicht mit der gleichen Schärfe vollzogen, wie dies in
anderen deutschen Territorien297 geschehen ist Dem Fürsten kamen die über¬
schaubaren Verhältnisse sehr entgegen, denn ihm war es noch möglich, sich um
alle Belange der Landesverwaltung selbst zu kümmern298.
Andererseits verläuft die Entwicklung insofern mit der Verwaltung vieler deut¬
scher Fürstenhöfe parallel, als auch in Pfalz-Zweibrücken etwa seit dem letzten
Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts vereinzelt Räte mit dem Geheimen Ratstitel
ausgezeichnet299 und vom Landesherrn bevorzugt zu Beratungen in wichtigen
Angelegenheiten herangezogen wurden; aber zu einer besonderen Behörde, zu
einem geschlossenen Geheimen Ratskollegium mit fester Dienstordnung ist es
in Pfalz-Zweibrücken bis in das 18. Jahrhundert nicht gekommen300.
293 Beispielsweise seien genannt: Bing in Hessen, Jenitz in Sachsen oder Everdes in
Braunschweig. Siehe dazu muth, Der pfälzische Kalvinismus, S. 423.
294 Zu seiner Person siehe crollius, Commentarius de cancellariis, S. 97-115.
295 Wegen seiner französischen und lateinischen Sprachkenntnisse wurde Schwebel
besonders zu auswärtigen Verhandlungen verwendet (vgl. dazu koch, Besitzungen
des Zweibrücker Kanzlers Heinrich Schwebel, S. 145).
296 Bereits die Kanzleiordnung von 1559 sagt Von dem Ambt vnd beuelh ains Canntzlers
(Art. 47, fol. 75a): Wann wir Ime auch sonndere gehaime Sachen beuelhen. die nicht in
vnnsere gemaine Canntzlej gehörn. So soll Er dieselbigen. wie Ime gebürt, vertreulich aus-
richten und verwarn. Vnd an seim bessten fleiss nichts erwinden lassen. (Zitat nach KEI-
per/buttmann, Kanzlei-Ordnung, S. 86).
297 Zusammenfassende Studien von meisner, Staats- und Regierungsformen; dOlfer,
Organisation des fürstlichen Regierungssystems. Vgl. beispielsweise für Kursachsen
und Braunschweig ohnsorge, Entstehung und Geschichte der Geheimen Kammer¬
kanzlei; ders., Die Verwaltungsreform unter Christian I.; ders., Fürst und Verwaltung;
muth, Melchior von Osse. Vgl. für Hessen dülfer, Fürst und Verwaltung. Vgl. für
Kurpfalz press, Calvinismus und Territorialstaat. Vgl. für Bremen schleif, Regierung
und Verwaltung.
298 Vgl. dazu press, Johann L, in NDB 10, S. 513 f: „Seine zahlreichen Glossen auf den
Akten zeugen davon, wie intensiv er sich selbst mit der Landesverwaltung beschäftig¬
te (...)".
299 Der erst Rat, der den Geheimen Ratstitel erhielt, ist Heinrich Schwebel. Seit dieser
Zeit lassen sich vereinzelt Räte feststellen, die diesen Titel führten.
300 Vgl. dazu das Kapitel „Das Kabinettskollegium".
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