Mann des „Schwertes" als der „Feder"30 war er Ludwig während der verhäng¬
nisvollen vier Fehden mit seinem Vetter, dem pfälzischen Kurfürsten Friedrich
I. dem Siegreichen31, - in den Jahren 1452/53 und 1455, von November 1459 bis
Juni 1461 und 1470/7132 - ein nicht immer glücklicher Berater33. Als Pfalzgraf
Alexander nach 1490 die alleinige Regierung übernahm, überließ der alternde
Kanzler die Geschäfte mehr und mehr seinen Kanzleibeamten, dem Schreiber
oder Protonotar34 Peter von Bergzabern, sowie dem Sekretär Johannes von
Meisenheim, seinem späteren Nachfolger35, Wurde die Veränderung der Funk¬
tion des Kanzlers in aller Kürze in Pfalz-Zweibrücken von ihren Anfängen un¬
ter Nicolaus Langwerth von Simmem bis zur Amtszeit von Johannes von Mei¬
senheim verfolgt - das Schwergewicht der Kanzlertätigkeit verlagerte sich von der
Beaufsichtigung des Kanzleibetriebs in der Schreibstube mehr und mehr auf die
Beratung des Landesherrn -, so gewann dieses Amt vollends dadurch an Bedeu¬
tung, daß es seit dem Ende der 20er Jahre des 16. Jahrhunderts mit Gelehrten
des römischen Rechts besetzt wurde, durch welche die Rezeption der neuen
Rechtsanschauung auch in diesem Territorium erfolgte36.
Daß die Räte an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert fast ausschließlich
dem Adel entstammten, überrascht bei der großen Zahl adliger Gläubiger und
Bürgen des Fürsten nicht. Damit nahmen diese, da sie ja auch die maßgebenden
Träger der - wenn auch immer noch unterentwickelten - Zentralverwaltung
30 Die Worte des Gnadenbriefes von 1443 lassen möglicherweise den Schluß zu, daß
Johann eigenüich nicht für die Kanzlei ausgebildet war; es heißt dort [...] warzu er gut
ist vnd sich aller baste schiken wirdet, [...] (CROLLIUS, Commentarius de cancellariis, S. 17,
Anm. h).
31 Siehe zu ihm hertzog, Friedrich I. der Siegreiche, sowie ernst, Kurfürst Friedrich I. der
Siegreiche von der Pfalz.
32 In diesen Auseinandersetzungen mußte Pfalzgraf Ludwig territoriale Verluste hinneh-
men; vgl. dazu lehmann, Vollständige Geschichte, S. 160, 177 f.
33 Siehe dazu LA Speyer F 1, Nr. 130; vgl. auch langwerth von simmern, Familienge¬
schichte, S. 31 ff, bes. S. 36.
34 Der Titel protonotarius läßt sich gelegentlich nachweisen; ein und derselbe Mann wird
sowohl Schreiber als auch Protonotar genannt
35 Vgl. dazu crollius, Commentarius de cancellariis, S. 21, sowie EID, Johannes von Mei¬
senheim.
36 Mit Jakob Schorr läßt sich 1529 erstmals ein juristisch geschulter Kanzler nachweisen
(vgl. crollius, Commentarius de cancellariis, S. 30, sowie auch koch, Jakob Schorr, S. 2).
Das Vordringen des profanen Juristenstandes im Zuge der Rezeption des römischen
Rechts beurteilt wieacker, Privatrechtsgeschichte, S. 97-203, sehr positiv; der Jurist
habe den modernen Staat erst ermöglicht; siehe besonders S. 202: „Aber die Rezeption
leitete damit endogene Entwicklungen des deutschen Lebens ein, ohne seine Identität
aufzuheben: die moderne, bürokratische, zentralisierende und rationalisierende, im
Kern totale Lebensplanung, deren Sieg das Schicksal der modernen europäischen
Gesellschaft ist" Siehe dazu das Kapitel „Der Anteil von Adel und Bürgertum in der
Verwaltung bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts".
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