dem Herzog von Pfalz-Zweibrücken und seinem Minister über den Inhalt dieser
Verhandlungen Kenntnis gegeben habe; der Gesandte solle deshalb versuchen,
den Inhalt dieser vertraulichen Mitteilung in Erfahrung zu bringen. Es bestehe
kein Grund, daran zu zweifeln, daß im Zuge der Verhandlungen zwischen Karl
Theodor, seinem Ministerium, dem Herzog von Pfalz-Zweibrücken und dessen
Minister von Esebeck die Frage der Erbfolge in Jülich und Berg behandelt wor¬
den sei. Dabei komme es dem König vor allem darauf an, die Ansichten des Kur¬
fürsten Karl Theodor hinsichtlich der Garantie, die er von Preußen gefordert
habe und auch bezüglich seiner Stellung zu dem Plan des Herzogs von Pfalz-
Zweibrücken, das Erbrecht der Prinzessinnen von Sulzbach zu umgehen, zu
erfahren271.
Wenige Tage nach der Ankunft O'Kellys in Zweibrücken starb in München der
bayerische Kurfürst Max III. Joseph. Sofort erhob Kaiser Joseph II. aufgrund
einer bis dahin unbekannten Belehnungsurkunde Kaiser Sigismunds für Her¬
zog Albrecht von Österreich aus dem Jahre 1426 Ansprüche auf bayerische
Gebiete272. Durch die Drohung, ganz Bayern als erledigtes Reichslehen einzu¬
ziehen, veranlaßte Kaunitz am 3. Januar 1778 Ritter zur Unterzeichnung einer
Konvention, in der Karl Theodor die österreichischen Forderungen auf das ehe¬
malige Straubinger Territorium von Niederbayern, die Stadt Mindelheim, die
Landgrafschaft Leuchtenberg und die böhmischen Lehen in der Oberpfalz -
diese wurden dem Kurfürsten ex nova gratia überlassen - anerkannte und sich
verpflichtete, die notwendige Billigung seines Zweibrücker Erben
einzuholen273. Doch bereits am 10. Januar rückten österreichische Truppen in
Niederbayern und in die Oberpfalz ein und besetzten ein weit umfangreicheres
Gebiet, als vertraglich zugesichert war. Auf Drängen des österreichischen
Gesandten Freiherr von Lehrbach unterschrieb Karl Theodor am 14. Januar den
ohne sein Vorwissen abgeschlossenen Vertrag, obwohl dieser seinen Plänen
völlig zuwiderlief; er hoffte jedoch, in einer zweiten Übereinkunft doch noch
den Tausch nach seinen Vorstellungen zu verwirklichen.
Es erscheint durchaus verständlich, daß Karl Theodor - da sein Herrschafts¬
gebiet von fünf Regierungssitzen (München, Mannheim, Düsseldorf, Neuburg
und Sulzbach) aus verwaltet werden mußte - ein einheitliches Territorium, ein
wittelsbachisches Königreich Burgund mit den Schwerpunkten Brüssel, Düssel¬
dorf und Mannheim, angestrebt hat und bereit war, sein ungeliebtes bayerisches
Land gegen die österreichischen Niederlande auszutauschen274. Diese Linie
verfolgte Karl Theodor bereits bei vorbereitenden Gesprächen mit Österreich
im Laufe des Jahres 1777, die einer stets befürchteten österreichisch-preußi-
271 Siehe dazu ebda., S. 238; mittelberger, Hofenfels, S. 45.
272 Siehe dazu v. aretin, Das bayerische Tauschprojekt, S. 748 f.
273 Die Konvention ist veröffentlicht bei gross-hoffinger, Regierungsgeschichte Josephs
des Zweiten, Bd. IV, S. 69-71. Vgl. auchouRSEL, La diplomaüe de la France, S. 60 f.
274 Vgl. dazu hammermayer, Bayern im Reich und zwischen den großen Mächten, S.
1045.
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