und Hecht in Frankfurt, wahrgenommen würden. Die kurpfälzische Anregung
lag durchaus in der Richtung der von Gustav Samuel Leopold bereits 1719 ein¬
geschlagenen, aber durch Reichstagsbeschluß und den Widerstand Schorren-
burgs letztlich verhinderten antiprotestantischen Innenpolitik. Nun zeigte er
sich zur Aufnahme kurpfälzischer Vertrauensleute in Regensburg und Frank¬
furt bereit41. Ferner hatte Jägern die Zusicherung erhalten, daß auch in Zwei¬
brücken nach und nach einige gut katholisch kur- und hochfürstlich pfalzgräflich
gesinnte vertraute Subjecta zu Einfluß kämen. In diesem Zusammenhang ist die
politische Kaltstellung Schorrenburgs in erster Linie zu sehen, die - hätte sie
unter anderen Voraussetzungen stattgefunden - von der Bevölkerung mit allge¬
meiner Befriedigung begrüßt worden wäre. Sein Verhalten als Präsident des
reformierten Oberkonsistoriums hatte in protestantischen Kreisen große Verär¬
gerung hervorgerufen42: Man warf ihm vor, daß er allzu bereitwillig auf die
Absichten Gustav Samuel Leopolds, sich am Kirchengut zu bereichern, einge¬
gangen war und betrachtete ihn als den Urheber des für die Geistliche Güter¬
verwaltung so nachteiligen, vom Landesherrn mehr oder weniger erzwungenen
Abkommens vom 13. Mai 1720. Man wußte auch, daß er, was die Aneignung
kirchlicher und herrschaftlicher Besitzungen betraf, Gustav Samuel Leopold in
nichts nachstand43. Die Ursachen lagen nun aber anders, als daß man über den
Sturz Schorrenburgs hätte Freude empfinden können, denn von seinem Nach¬
folger Haumüller hatte man noch eine Verschärfung des bisherigen Kurses -
bezüglich der Kirchenpolitik war dies sicher - zu erwarten.
Ende Januar 1723 war man am birkenfeldischen Hof auf die kurpfälzischen
Aktivitäten aufmerksam geworden. Während man wegen der Anwesenheit
Haumüllers in Zweibrücken Verdacht geschöpft hatte, schien in Rappoltsweiler
der politische Hintergrund der vorausgegangenen Mission Jägerns nicht
bekannt gewesen zu sein; so wußte man von dem Eingehen Gustav Samuel
Leopolds auf die kurpfälzischen Pläne nichts, und so sah man eine unmittelbare
Gefahr für die birkenfeldische Nachfolge in Pfalz-Zweibrücken lediglich in dem
unsicheren Gesundheitszustand Gustav Samuel Leopolds. Der birkenfeldische
Rat Atzenheim befürchtete, daß die unausbleiblichen Proteste gegen die beab¬
sichtigte Vermählung bei Gustav Samuel Leopold einen Wahnsinnsausbruch
hervorrufen würden, was der Kurpfalz die Gelegenheit zur Übernahme der
Regentschaft gäbe44. Daß der Herzog freiwillig Pfalz-Zweibrücken an Kurpfalz
abtreten würde, wie das Gerücht besagte, hielt Atzenheim aufgrund von Äuße¬
rungen eines Zweibrücker Vertrauensmanns für unmöglich: Gustav Samuel
Leopold liebe die affaires und wolle gerne viele Bediente um sich haben. Gegen
eine Abtretung sprach auch - so meinte Atzenheim - die Absicht des Herzogs,
41 Siehe dazu Jägerns Memoire vom 4.2.1723. GHA München 484/4.
42 Atzenheim an Christian III., Birkenfeld 9.2.1724. GHA München KA 479/1.
43 Siehe dazu bachmann, Pfalz Zweibrückisches Staats-Recht, S. 244 f, 328; molitor,
Geschichte einer deutschen Fürstenstadt, S. 398; ders., Urkundenbuch Zweibrücken, S.
199 ff.
44 Atzenheim an Christian III., Birkenfeld 20.1.1723. GHA München KA 479/1.
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