1.1 Die Feldweidewirtschaft
Zum besseren Verständnis der Schiffei- und Rottheckenwirtschaft soll zunächst
eine Stelle aus dem Votum des Hofrates v. Lüder wiedergegeben werden:7
ln denen älteren Zeiten, als die Herrschaft Ottweiler durch die langwierige betrübliche
Kriegszeiten verwüstet, von Einwohnern entblößet und mit Hecken und Wal¬
dungen ganz verwachsen war, erforderte die Staats- und Regierungskunst, das Land
wiederum mit Untertanen anzupflanzen, und es folgte von sich selbst, daß man
denen neuen Ankömmlingen solche beneficia tun mußte, dadurch sie im Land be¬
halten und noch andere angezogen werden konnten.
Das verwachsene Land wollte niemand kaufen und die wenige Untertane, Hütten¬
werke und herrsch. Höfe waren nicht hinreichend zur Unterhaltung des Hofstaates
und zur Bestreitung derer Landesunkosten. Man mußte .. . die herrsch. Revenue
zu vermehren suchen und zu dem Ende aus Not gestatten, daß ein jeder von dem
öde und verwachsen gelegenen Land soviel, als er zum Fruchtbau und Wieswachs
nötig zu haben erachtete, aufbutzen und zu seinem Feldbau aptieren durfte.
Blieb dieses Land in ständiger Ackernutzung und waren die oben genannten
Bedingungen erfüllt, so gingen diese Grundstücke als Dungackerland in den Besitz
der einzelnen Bauern über8 9.
Das in entfernteren Gewannen liegende Land mußte wegen seiner Schlechtigkeit
manchmal 20 Jahre unbesamt liegen9 bleiben. Während dieser Zeit wuchs es mit
Gras, Kräutern und Hecken zu und diente meist als Weide10. Hatten die Gewanne
lange genug driesch11 gelegen, so wurden diejenigen Rotthecken, welche zum
Brand nicht Holz genug hatten, ausgestocket, alles Holz samt denen Stöcken,
Wurzeln und Wasen verbrannt oder geschiffelt12. Beck sagt darüber, „daß im
Spätsommer nach dem Abtrieb der Rasen zwischen den Stöcken abgeschält, auf
Haufen gesetzt und verbrannt wird. Die so gewonnene Asche wird alsdann als
Dünger auf dem Boden verbreitet und dieser mit dem Schiffeipfluge oder mit der
Hand bearbeitet und demnächst mit Winterroggen bestellt“13. Durch die Verbren¬
nung des Rasens erreichte man eine raschere Zersetzung der Bodenbestandteile
7 LA SB, Best. 22 Nr. 2312, S. 16 f.: Votum v. Lüder v. 26. 7. 1762; z. T. abgdr. bei
B. Krajewski, a.a.O., S. 64 f.
8 Ebenda, S. 17.
9 LA SB, Best. 22 Nr. 2459, S. 5; vgl. J. M. Sittel, a.a.O., S. 723 f. Oberamtsbericht
v. 10. 9. 1763; ferner J. Collet, a.a.O., S. 4 und N. Blesius, a.a.O., S. 32 f.
10 LA SB, Best. 22 Nr. 2459, S. 5.
11 Die ständige Verwechslung von Brache und Driesch hat sich auch in der durchge¬
arbeiteten Literatur niedergeschlagen. Deshalb zur Begriffserklärung G. Hanssen,
Agrarhistorische Abhandlungen, Bd. 1, Leipzig 1880, S. 162: „Noch immer soll brach
liegen bedeuten als zur Weide liegen, und es wird sogar von der Feldgraswirtschaft
gesagt: das Feld liege z. B. vier oder fünf Jahre brach, während damit die Driesch ...
gemeint ist . . . Driesch und Brache aber haben nur negativ das miteinander gemein,
daß das Feld keine Saat trägt oder ruht . . . Ihr positiver Gegensatz aber ist, daß die
Driesch den geschlossenen, die Brache den geöffneten Boden darstellt.“
12 LA SB, Best. 22 Nr. 2312, S. 19: Bericht v. Lüder; fast wörtlich bei J. Collet, a.a.O.,
S. 4; vgl. auch A. Scholl, a.a.O., S. 74.
13 O. Beck, a.a.O., S. 349; vgl. W. Müller-Wille, a.a.O., S. 58 f.
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