Drittes Kapitel
DIE BETRIEBSSYSTEME
Die Untersuchung der im Fürstentum Nassau-Saarbrücken angewandten Betriebs¬
systeme vermittelt weitere Erkenntnisse über den Zustand des Landbaus dieser
Region. Es gilt festzustellen, in welcher Weise der Boden tatsächlich bewirtschaftet
wurde. Die amtlichen Verlautbarungen zu diesem Thema würden ein verzerrtes
Bild der Wirklichkeit liefern, weil hier viel Wunschdenken der Fürsten eingeflossen
ist. Man käme zu dem Ergebnis, daß die Dreifelderwirtschaft seit geraumer Zeit
in den Saarbrücker Landen betrieben worden wäre.
Fürst Wilhelm Heinrich sah gerade in der Ausdehnung der Dreifelderwirtschaft auf
das ganze Land — Ansätze in einigen Orten waren bereits vorhanden — ein grund¬
legendes Ziel seiner Agrarpolitik. Folgt man den Verlautbarungen der fünfziger
Jahre, dann wäre spätestens mit der Durchführung der Generalrenovatur nach
dem Dreifeldersystem gearbeitet worden. Die folgenden Untersuchungen werden
aber zeigen, daß die Betriebssysteme differenzierter und zum großen Teil extensiver
waren als gemeinhin angenommen wird.
1. Die Betriebssysteme auf den Außenfeldern
Da die Dauerwälder und -weiden weiter unten eingehend gewürdigt werden,
kann sich die folgende Betrachtung ausführlicher mit der Schiffei- und Rotthecken¬
wirtschaft befassen.
Ein Vergleich der Bannbücher von 1730/401 mit denen von 1760/70 zeigt, welch
große Bedeutung die Außenfelder für die Ernährung der Menschen und für die
Futtergewinnung zumindest in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts hatten. Vor
dem Regierungsantritt Wilhelm Heinrichs bewirtschafteten die Bauern ausgedehnte
Rotthecken und Wilderungen. Diese Tatsache wird meines Erachtens bei den
meisten Autoren nicht gebührend berücksichtigt, da sie im allgemeinen der Be¬
trachtung der Dreifelderwirtschaft einen ungleich größeren Platz einräumen als
jenen Betriebssystemen.
In Wirklichkeit waren die Erntemengen, die aus den Wilderungen stammten, viel
größer, als dies gemeinhin angenommen wird: „Die Rottheckenkultur diente in
weitem Maße der Ergänzung der Getreideanbauflächen. Rotthecken und Feld¬
wilderungsland bildeten zusammen einen großen Teil der Gemarkung.. .”2, meint
1 LA SB, Best. 22 Nr. 3147 Bannbuch Bischmisheim 1838 und Nr. 2565 Bannbuch Fal¬
scheid 1725
2 B. Krajewski, a.a.O., S. 64.
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