eigensinnigen Bauern1® dazu benutzt, denjenigen Kalk, welchen sie mit Steinkohlen
gebrannt, die ihnen blos um die Förderungskosten, damit der inländische Ackerbau
möglichst verbessert werden möge, verabfolget worden, verkaufet und ein beson¬
deres Gewerb damit angefangen haben16 17. Zunächst bezog man den Kalkstein
aus dem einheimischen Muschelkalkgebiet um Bischmisheim, später wurde er
nach der Übernahme der Kalkgruben in staatliche Regie auch im Oberamt Ott-
weiler gefördert18.
Mit Hilfe der quantitativ und qualitativ steigenden Düngermengen konnte man
die Erträge auf den Feldern erhöhen und war in der Lage, den „einseitigen und
übertriebenen Körnerbau zu verlassen und einen Teil des Ackerlandes der Kultur
von Futterkräutern oder anderen zur Ernährung des Viehs geeigneten Pflanzen
einzuräumen”19. Den Anbau neuer Pflanzen, die der tierischen Ernährung zugute
kamen, oder seine Ausdehnung bezeichnet daher v. d. Goltz als den größten Fort¬
schritt, welchen die deutsche Landwirtschaft in der zweiten Hälfte des 18. Jahr¬
hunderts gemacht hat20. Das gleiche gilt auch für den Anbau weiterer Pflanzen
zur menschlichen Ernährung. Obwohl die häufigere und gründliche Düngung in
erster Linie den Getreidefeldern guttat, aus denen ja bekanntlich der überwiegende
Teil des Nahrungsmittelbedarfs der Bevölkerung gedeckt wurde, stellte sich immer
mehr heraus, wie wichtig der Anbau vor allem der Kartoffel, von Kohl und Erbsen
wurde, deren Erträge in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts dringend be¬
nötigt wurden, um den ständig größer werdenden Mangel an Brotgetreide einiger¬
maßen ausgleichen zu können. Die in jener Zeit auf die Getreidefehlernten folgen¬
den Hungerjahre dokumentieren die schwierige Situation21. Darüber hinaus er¬
kannte man auch, daß Mißernten bei Getreide nicht unbedingt mit solchen bei
Kartoffeln zusammenfallen müssen.
Die neuen Früchte konnte man wegen des Flurzwanges, der Weiderechte und des
Anspruchs auf den Zehnten weder im Winter- noch im Sommerfeld, noch im Brach¬
land so ohne weiteres anbauen. Der Platz in den Gärten aber war beschränkt. Die
Bauern begannen daher, kleinere Stücke des Brachlandes einzuzäunen und bestimm¬
te Teile des Sommerschlages freizuhalten, um sie mit Kartoffeln, Kohl, Erbsen,
Flachs etc. zu bebauen. Fürst Wilhelm Heinrich wandte sich zunächst gegen diese
Schädigung der Weide durch private Nutzung des Brachlandes22 in einer Verord¬
nung von 1763, ließ dann aber die Anordnung in den folgenden Jahren fallen; er
und sein Sohn Ludwig waren mittlerweile eifrige Verfechter kameralistischer Ideen
16 J. Collet, a.a.O., S. 6.
17 J. M. Sittel, a.a.O., S. 428: Reg.-Reskr. v. 29. 6. 1770.
18 Ebenda, S. 300: VO v. 27. 11. 1754.
19 Th. v. d. Goltz, a.a.O., S. 448.
20 Ebenda.
21 Vgl. LA SB, Best. 22 Nr. 2417, Bl. 20: Mißwachs im Köllertal 1725; Best. 22 Nr.
3007, S. 9 und Nr. 3884, S. 81: Fehlernten in der Herrschaft Ottweiler 1764/65;
W. Abel, Agrarkrisen und Agrarkonjunktur, Hamburg und Berlin 1966, S. 193:
Mißernten 1770/72; Gottliebsche Chronik 1763—1802, in: MHVSaarg 7, Saar¬
brücken 1900, S. 3: Mißwachs in den Städten Saarbrücken und St. Johann 1776;
H.V. — A 592: Getreidemangel 1788/89; H.V. — A 433a: sehr schlechte Ernte 1972.
22 LA SB, Best. 22 Nr. 3755, Bl. 5 und Nr. 4427, Bl. 87: VO v. 2. 11. 1763; H. Weyand,
a.a.O., S. 29.
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