entweder Schafe oder Ziegen hielt, d.h. sie waren wegen der Gewohnheit, die
Speisen mit Milch zu bereiten, auf das Melken der Schafe angewiesen. Dies traf
vor allem für die kleinen Betriebe zu, da hier Kühe häufig ganz fehlten.
Die Oberflächenstruktur des Fürstentums kam der Schafhaltung sehr gelegen36:
„Ein umfangreiches Ödland lockt geradezu, Schafzucht im großen zu betreiben“37,
denn „zahlreich waren die Schafherden, die auf den brachliegenden Außenfeldern
und der Stoppelweide lebten“38.
Diese Idylle aber schwand etwa von der Mitte des 18. Jahrhunderts ab. Bereits
1738 äußerte der Landmesser Hahn in einer Eingabe, man solle die Schafhaltung
nicht mehr unbeschränkt zulassen, weil durch den Übertrieb des vielen Schafviehs
die Gemeinde letzten Endes doch keinen Nutzen ziehe39. Seitdem die Weideflächen
knapper wurden, entwickelte sich im Fürstentum Nassau-Saarbrücken wie im
übrigen Südwestdeutschland die Wanderschäferei. Diese Umgestaltung der Schaf¬
haltung hatte für die Bauern einschneidende Folgen. Nicht nur das bereits erwähnte
Schwinden der Futterflächen, sondern die seit dem Regierungsantritt Wilhelm Hein¬
richs bedeutend geförderten Temporalbestandshöfe bewirkten eine Einschränkung
der bäuerlichen Schafhaltung. Die z.T. tausend Stück zählenden Wanderherden der
Beständer bestrichen in einem genau festgelegten Turnus den Bann der umliegen¬
den Gemarkungen und kamen manchmal mehrmals in der Woche durch denselben
Ort.
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kam es wegen der Haltung der Schafe
zu Streitereien und Eingaben. Die Bauern mußten sich immer wieder gegen die
Weidevergehen der Beständer wehren, um ihre eigenen, ständig schrumpfenden
Herden durchbringen zu können. An eine Vergrößerung der bäuerlichen Schaf¬
herden oder eine Einführung derselben in solchen Orten, die bisher oder vorüber¬
gehend keine Schafe hielten, war durch die fortschreitende Aufteilung des Wilde¬
rungslandes und der gemeinen Felder ab etwa 1760 nicht mehr zu denken.
Die Güdinger beantragten 1761 die Schafhaltung. Ihr Gesuch40 enthält einige ver¬
nünftige Ansichten zur Schafhaltung, zeigt aber auch, wie zerstritten die Bewohner
36 Vgl. für Blieskastel: L. Eid, Marianne von der Leyen, S. 178.
37 W. Krämer, Zur Geschichte der Schafzucht in Blieskastel im 17. Jahrhundert, in:
Palatina Nr. 11, Speyer 1936, S. 44.
38 J. Postius, a.a.O., S. 125.
39 LA SB, Best. 22 Nr. 3473, S. 132 ff., zit. bei R. Saarn, a.a.O., S. 118.
40 LA SB, Best. 22 Nr. 2648, S. 125 ff.:
. . . wir haben zwar bishero in unserem Dorf Güdingen hin und wieder Schafe ge¬
halten. Weil aber dieselbe ohne Hirten besonders gehütet worden, sondern mit denen
Schweinen gegangen sind: so haben wir solche abschaffen müssen.
Dermalen aber, da wir seit kurzem unsere gemeinen Waldungen umhauen müssen,
mithin uns die Schmalzweid entgangen ist, sehen wir uns genötiget, zur Beförderung
und Verbesserung unserer Nahrung Schafvieh zu halten; zu diesem Vorhaben ver¬
stehen sich die meisten, wenigstens die am meisten beschwerten Untertanen zu ge¬
dachtem Güdingen. Und der dasige Meier mit seinem Anhang ist aus dem irrigen
Grunde und aus der Ursach dagegen, weil unser Bann zu klein wäre, eine Schafherde
zu halten.
Da aber, gnäd. Fürst und Herr
1. alle unsere Nachbarn auf ihren Bännen, die teils kleiner als die unsrigen sind,
Schafe halten,
2. auch denen herrschaftlichen Schafen von dem Eschberger Hof dadurch kein Ab¬
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