Die Genealogiebücher von Andreae enthalten somit bereits durch die mehrmalige namentliche
Erwähnung wichtige Anhaltspunkte für die Tätigkeit des Malers Henrich Dors für die Grafen
von Nassau, Vor allem besagen sie, daß Dors, der bisher ausschließlich durch das „Epitaphien¬
buch“ bekannt war, in wesentlich größerem Ausmaß für die Grafen von Nassau „gemalt“
hat bzw. tätig gewesen ist. Dafür sprechen auch mehrere kolorierte Zeichnungen von Dors
in den Genealogiebüchern, ferner Schemata, umfangreiche Berichte und Passagen, die von
Dors geschrieben und unterzeichnet sind 6fl),
Vor allem und zunächst sind, eingebunden in das erste und zweite Genealogiebuch, die von
Dors mit Deckfarben bemalten vier Pergamente 70) zu nennen, die zweifellos den Restbestand
von jenen zwölf gemalten Pergamenten mit den Bildern verschiedener „Epitaphien“ darstellen,
die in der Korrespondenz mehrfach als diejenigen Stücke bezeichnet werden, die Dors 1636
voller Flecken und nicht zu brauchen aus dem Erdversteck nahm. Dors scheint sie erheblich
beschnitten und Andreae zur Illustrierung seiner Genealogiebücher überlassen zu haben. Da
an Dors‘ Urheberschaft nicht zu zweifeln ist, erweitern sie unsere Kenntnis und Vorstellung
von seinen künstlerischen Fähigkeiten beträchtlich. Außerdem versetzt ihre Ausführung und
Anordnung uns in die Lage, eines der „großen Werke“ des Maiers Dors, von denen in der
Korrespondenz immer wieder die Rede ist, näher zu bestimmen.
Die Pergamente stehen in unmittelbarer Beziehung zum Epitaphienbuch und werden deshalb
dort an entsprechender Stelle ausführlich behandelt. Hier sei aber auf ein sie im wahrsten Wort¬
sinne verbindendes Motiv besonders hingewiesen: Bei den drei kleinen Pergamenten wachsen
aus den Rändern der Grabplatten zarte grüne Ranken bzw. es scheint, als seien die Platten
den Ranken entsprossen. Die Bedeutung von Ranken in der genealogischen Darstellung, et¬
wa beim Stammbaum, ist klar: Sie sollen das lebendige Sprießen des Stammes bildhaft dar¬
stellen. Ohne Zweifel wollte Dors das auch mit den Ranken auf seinen Pergamentmalereien
demonstrieren. Den Epitaphienbildern war in Dors4 Konzeption demnach dieselbe Funktion
wie sonst den Wappen in genealogischen Darstellungen zugedacht. Offenbar hatte Dors den
großangelegten und ehrgeizigen Plan, eine Genealogie anzufertigen, die statt mit Wappen mit
68) Die Errata oder Fehler, . .. (vgl. Anm. 26) (HHStA Wiesbaden Abt. 130 II A 18, fol. 45 ff., nicht die
Schrift von Dors) beziehen sich sicherlich auf diese Tafel. Der Band selbst betrifft im übrigen u. a.
diese 923-Wappen-Tafel. Wie an anderer Stelle gesagt, müßte nun geprüft werden, ob die Dors’sche
Tafel tatsächlich nicht mehr erhalten ist.
69) Berichte vgl. HHStA Wiesbaden Abt. 130 I/I, 1, Nr. 4 e, fol. 71 ff., 84 ff. — Unterschriften fol. 74
und 87.
70) A) Andreae 1002/1, zwischen S. 120 u. 121 (vgl. Epitaphienbuch Nr. 53 u. Abb. 91): Grabplatte der
Gräfin Margaretha von Loon-Heinsberg, Gemahlin des Grafen Philipp (II.) von Nassau-Saarbrük-
ken-Weilburg; ehedem Weilburg, Schloßkirche.
B) Andreae 1002/1, zw. S. 124 u, 125 (vgl. Epitaphienbuch Nr. 52 u. Abb. 89): Grabplatte des Grafen
Philipp v. N.-Sbr.-Weilburg (f 1471 oder danach); ehedem Weilburg, Schloßkirche.
C) Andreae 1002/1, zw. S. 132 u. 133 (vgl. Epitaphienbuch Nr. 55 f. u. Abb. 95): Epitaph Graf Jo¬
hanns (III.) von N.-Sbr.-Weilburg und Grabplatte seiner Gemahlin Elisabeth von Hessen; beide
ehedem Weilburg, Schloßkirche.
D) Andreae 1002/2, fol. 23 (vgl. Epitaphienbuch Nr. 14 f. und Farbtafel): Ansicht des Tumbengrabs
des Grafen Adolf I. v. Nassau und seiner Gemahlin Margaretha von Nürnberg, mit Wandmalerei
in der Nische; ehedem Kloster Klarenthal.
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