fast jeder Dorfbezirk irgendwo an „ausländisches“ Gebiet stieß. Ein Motiv war
also die Abgrenzung nach außen.
Noch wichtiger war jedoch die Abgrenzung im Inneren eines Bezirkes: gerade
in den Grenzgebieten waren die meisten Bezirke zwischen zwei oder mehr
Herren aufgeteilt. So bilden die Weistümer aus vielherrigen Orten eine große
Gruppe. 117 von 266 Weistümern sind für mehrere Herren gewiesen worden,
bzw. für einen von mehreren Herren zur Abgrenzung gegen die anderen. (Nicht
mitgezählt sind dabei Klosterweistümer, die auch den Vogt betrafen). Die genaue
Verteilung zeigt die folgende Tabelle 2:
Tabelle 2
Zeitraum
Weistümer aus vielherrigen Bezirken
absolut % der jeweiligen
Gesamtzahl
Gesamtzahl
vor 1300
1
100
1
1300—1349
5
83,3
6
1350—1399
5
50
10
1400—1449
5
20
25
1450—1499
21
37,5
56
1500—1549
42
54,5
77
1550—1599
35
48,6
72
1600—1630
3
15,8
19
117
44 %
266
Trotz des für statistische Auswertungen zu geringen Zahlenmaterials ist es wohl
legitim, wenigstens Tendenzen daraus abzulesen:
In der Frühzeit scheint das Streben nach Rechtsklarheit in mehrherrigen Bezirken
häufigstes Motiv zur Weistumsniederschrift gewesen zu sein, im 15. Jahrhundert
ging dieser Faktor in der Wichtigkeit gegenüber anderen zurück, die gleich zu
erörtern sein werden, trat aber im 16. Jahrhundert wieder stärker in Erscheinung.
Jetzt, in der Konsolidierungsphase der Territorien griff man auf dieses alte
Instrument zurück, um — zumeist in Form eines Schiedsgerichtes — die Grenz-
und Rechtsfragen zwischen den Herren zu klären. Wie erklärt sich nun der
prozentual geringere Anteil der vielherrigen Weisungen im 15. Jahrhundert?
Das Diagramm II hat gezeigt, daß die Weistümer für geistliche Institute in der
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sehr häufig auftreten. Im Verlauf des 15.
Jahrhunderts entstanden viele klösterliche Weistümer, die Abgrenzung eigener
Rechte gegen Vogt oder Kastenvogt bezweckten, die Entwicklung brach nach
der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts ab. Der Machtkampf war zu diesem
Zeitpunkt zugunsten des Klosters oder des Landesherrn entschieden.
Diese beiden Motive waren im wesentlichen für die Entstehung der Weistümer
des saarländischen Raumes verantwortlich und zwar ungefähr mit gleichen
Anteilen: einmal die Rechts- und Gebietskonsolidierung am Rande der Terri¬
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