Niederschrift bestimmten. Die folgenden Ausführungen sollen sich daher nur
auf die Rechtsweisungen beziehen.
Der formale Weistumsbegriff dieser Zeit läßt sich noch genauer belegen durch
verschiedene Überlieferungen, die die Zeitgenossen nicht als Weistum bezeich-
neten, obwohl sie inhaltlich und in der Funktion Weistümern entsprechen:
a) Das Saarbrücker Landrecht, entstanden vermutlich bald nach 150050, ist eine auf
gräfliche Veranlassung entstandene Niederschrift des von den Schöffen gewie¬
senen Gewohnheitsrechtes. In der Herrschaft Ottweiler war das Landrecht
nicht gültig, ihm entsprachen inhaltlich und in der Funktion die landesherr¬
lichen Weistümer, die zwischen 1545 und 1604 entstanden sind. Für die
Bezeichnung als Weistum war also nur das formale Element der Weisung
wichtig und nicht der Inhalt der Quelle.
b) Ebenfalls nicht als Weistum wurde bezeichnet, was die vier Ortsherren 1477
bei einer Zusammenkunft in Differten festgelegt haben, obwohl es inhaltlich
teilweise die Bestimmungen des Weistums von 1454 wiederholt51. D. h. also,
daß die Mitwirkung der Genossenschaft bzw. des Schöffenkollegiums bei
der Weisung unabdingbar war.
c) Daß auch die Mitwirkung der Herrschaft zum Weistumsbegriff gehört, zeigt
sich im Brief der Gemeinde Werbeln, Schaffhausen und Hostenbach von
1433: Gemeinde, Meier, Schöffen und Gericht schreiben einen offenen Brief
über die Pflichten und Rechte der Bewohner, der nach Irrungen mit
dem Abt von Wadgassen das Verhältnis Untertan-Herrschaft bis zum Beginn
des 17. Jahrhunderts regelte. Das wäre sicher nicht der Fall gewesen, wenn
das Kloster Wadgassen nicht mit dem Inhalt einverstanden gewesen wäre.
Da es jedoch — zumindest formal — nicht an der Abfassung dieses Doku¬
mentes beteiligt war, wurde der Brief nicht als Weistum bezeichnet. Erst
ein Dorsualvermerk des 17. oder 18. Jahrhunderts bezeichnet eine notarielle
Abschrift dieses Briefes als vidimierte copia scheffenweistumb52, was
— eine Ausnahme in unserem Raum — ein Abgehen vom formalen Weis¬
tumsbegriff bedeutet. Das ist dadurch zu erklären, daß dieser Brief, eine auf
genossenschaftliche Initiative hin entstandene Rechtsaufzeichnung, eine
Besonderheit war und der Abschreiber das Stück auf Grund inhaltlicher
Kriterien mit den Form-Weistümern gleichsetzte.
d) Auch ein Vertrag zwischen Genossenschaft und Herrschaft wie z. B. der
Vertrag was die angehörigen leuthe des schloß Bischfeldt zu thun schuldig53
vom 11. September 1500 wird nicht als Weistum bezeichnet, obwohl sein
Inhalt ebensogut wie ein solches die Rechte und Pflichten von Herrschaft
und Genossenschaft festlegte: hier waren zwar beide Seiten an der Abfassung
50 Guillaume Cardascia, La date du Saarbrücker Landrecht (Annales de I’Est 1952,
163—166); Werkmüller (wie Anm. 11) 70 folgt noch der inzwischen überholten Da¬
tierung auf ca. 1320. Das Landrecht wurde gedruckt u. a. bei Wilhelm von der
Nahmer, Handbuch des rheinischen Partikularrechtes, Bd. 2 (Frankfurt 1831) 938—
1018.
51 Frdl. Mitteilung von Herrn Josef Burg, Schaffhausen.
52 StAK 218/739, 5—7; ein ähnlicher Brief über die Rechte des Grafen von Nassau-
Saarbrücken im Dirminger Tal von 1410: StAK (LAS) 22/2443, 74—79.
53 Landesarchiv Saarbrücken, Münchweiler Akten 57.
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