Quellen dadurch auseinander zu reißen, daß man als Grenze die jetzige Staats¬
grenze gewählt hätte, daher wurden auch die Weistümer verwendet, die in heute
französischen Orten entstanden sind. Damit ist der Weistumsbestand eines —
wenn auch kleinen — Territorialstaates vollständig erfaßt, während die Quellen
aus den anderen Territorien nicht als repräsentativ für diese angesehen werden
können, da es sich nur um Überlieferungen aus Randgebieten handelt, nicht
aber aus dem Kernland.
Für Saarbrücken und Ottweiler wurden die Weistümer mit Hilfe ergänzender
Quellen näher untersucht, während Bestimmungen aus den anderen Territorien
fast nur textimmanent behandelt werden konnten und im wesentlichen nur als
Vergleichsmaterial dienten.
Der Grund für die Abgrenzung nach den heutigen Landesgrenzen war die
ursprüngliche Erwartung, daß sich territorial übergreifende Weistumsbestimmun¬
gen feststellen lassen würden, mit deren Hilfe sich eine Unterscheidung zwischen
herrschaftlicher Rechtssetzung und Relikten älteren Genossenschaftsrechtes
treffen ließe. Es stellte sich im Verlauf der Untersuchung heraus, daß sich diese
These39 nicht stützen ließ, sondern daß die Weistumsbestimmungen fast aus¬
schließlich auf die Beziehungen zur jeweiligen Grund-, Gerichts- oder auch
Landesherrschaft zurückzuführen sind und nur auf Grund von herrschaftlichen
Interessen aufgezeichnet wurden, wobei nicht selten die Abgrenzung der Herren
untereinander wesentlich war. Aus diesem Grunde wurde bewußt der Untertitel
der vorliegenden Arbeit gewählt.
Es erschien jedoch interessant festzustellen, welcher Herrschaftsträger am Weis¬
tum Interesse hatte. Daher wurde zunächst jede Quelle — soweit wie möglich —
herrschaftlich eingeordnet und die Entstehungsgründe und -anlässe festgestellt.
Nach dieser Untersuchung anhand äußerer Merkmale wurde im nächsten
Kapitel anhand innerer Kriterien durch die Darstellung des Inhaltes festgestellt,
wer an einer Bestimmung zum Zeitpunkt der Weisung interessiert
war. Das Fortleben und Fortwirken von Weistumsrecht in späterer Zeit wird
im Anschluß daran — allerdings nur paradigmatisch — dargestellt.
Auf diesem Wege war es möglich, festzustellen, wer wann und warum an Wei¬
sungen und Weistumsrecht Interesse hatte. Baltls Forderung40, „daß die
Weistumsforschung der Aufhellung des Gesamtverhältnisses von Bauer und
Herrschaft zu dienen hat“, soll dahingehend modifiziert werden, daß nicht nur
die Beziehungen zwischen „armen Leuten“ und den verschiedenen Herrschafts¬
trägern, sondern auch die Rolle der Untertanen als Schiedsrichter zwischen
uneinigen oder rivalisierenden Herren dargestellt werden soll.
1.2. Der Weistumsbegriff
1.2.1. Der Weistumsbegriff des 14. bis 17. Jahrhunderts
Bisher ist noch nicht gesagt, was hier unter dem Begriff „Weistum“ verstanden
wurde:
39 Vgl. Otto Brunner, Land und Herrschaft (Wien 5 1965) 347.
40 Bald, (wie Anm. 4) 400
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