1426 kam es zu einer kürzeren Jahrgedingsweisung, an der neben dem Dechanten
auch der Graf persönlich teilnahm. Darin ging es um die Abgrenzung der
Gerichtsrechte von Stift und Graf. Obwohl die notarielle Beglaubigung fehlt,
war das Jahrgeding offenbar von besonderer Wichtigkeit, da eine Reihe von
Zeugen aufgeführt ist. Das ist zwar eine in unserem Raum ungewöhnliche Form
der Beglaubigung für Weistümer, aber wohl fast einem Notariatsinstrument
gleichwertig.
Das letzte St. Arnualer Weistum aus dem fahr 1454 (1453 m. met. Januar 29)
ist wieder ein Notariatsinstrument. Damals wurden im ganzen Saarbrücker
Herrschaftsbereich viele Weistümer niedergeschrieben, z. B. in Herbitzheim,
Völklingen und Köllertal. Es muß also nicht unbedingt auf Grund von gerade
akuten Streitigkeiten gewiesen worden sein. Immerhin stellt es den Schlußpunkt
in der Weistumsentwicklung des Stiftes St. Arnual dar und wurde bis ins 18.
Jahrhundert hinein als Beweismittel bei Reichskammergerichtsprozessen vorge¬
legt612. Man kann zusammenfassend sagen, daß sich die gräfliche Verwaltung nach
der Übernahme aller Vogtrechte 1417 zunächst in feierlicher Form das vorhan¬
dene Hof recht weisen ließ. Die Punkte, mit denen man nicht einverstanden war,
wurden auf mehreren Jahrgedingen modifiziert, die in weniger feierlicher Form
— aber unter Mitwirkung des Landesherrn — niedergeschrieben wurden. Die
Zwischenweisungen wurden von den Schöffen erfragt oder vielmehr ihnen
oktroyiert. 35 Jahre später kam es nochmals zu einer feierlichen Niederschrift
des Hofrechtes, wobei die Schöffen dann ungefragt das Weistum vortrugen.
Damit war die Rechtsentwicklung abgeschlossen, und die Quelle diente in Zu¬
kunft als Orientierungshilfe.
Daß das etwas besonderes war, zeigt der Vergleich mit dem Völklinger Weistum,
das 1422 und 1451 in unveränderter Form wiederholt wurde. Das erste St. Arnualer
Weistum dürfte älteres Hof recht sein, das letzte durch landesherrlichen Einfluß
modifiziertes Recht. Was änderte sich nun in dieser Zeit? Was steht nur im frühe¬
ren, nur im späteren Weistum? Neben den Waidnutzungsbestimmungen613, die
sich in dieser Zeit änderten, sind es vier Rechtsbereiche, die in den St. Arnualer
Weistümern behandelt werden: Rechtsstellung der Amtleute, Bannrechte, Rechte
und Pflichten der Untertanen und schließlich die Gerichtsrechte. Durch den
Vergleich der vier Weistümer von 1417, 1418, 1426 und 1453 läßt sich erkennen,
welche Bereiche umstritten waren und welche verändert wurden. Das jüngste
Weistum ist ungefähr genau so lang wie das älteste, d. h. die Zahl der Weisungen
blieb gleich. Auch der Inhalt änderte sich oft nicht. Die vorhandenen Differenzen
lassen sich jedoch aus den beiden dazwischen liegenden Weisungen erkennen,
wo ganz präzis bestimmte Punkte erfragt werden.
Die Entwicklung läßt sich am besten durch eine synoptische Tabelle darstellen.
Um das besondere Alter mancher Weisungen zu zeigen, wurden frühere Belege
612 StAK 56/439 fol. 33—38: notarielle Abschrift aus dem 18. Jh. Da dieses Weistum
keine Bannweisung enthält, wurde es also wegen seiner Rechtssätze in Anspruch
genommen.
613 Nicht behandelt wurden an dieser Stelle die Waldnutzungsbestimmungen, die in
Kap. 4. 6. mit gleichartigen Weisungen aus anderen Weistümern verglichen wurden,
wobei auch die Rechtsentwicklung in St. Arnual deutlich wird.
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