die mittelalterliche Klimageschichte aufzuhellen203. Daran knüpfte G.
Richter an und stellte Verbindungen zwischen Klimaschwankungen und
Wüstungsentwicklungen für Mitteldeutschland her204. Er unterscheidet haupt¬
sächlich zwei Wüstungsphasen während zweier unterschiedlich extremer
Klimaperioden im 14. und 15. Jh. Etwa zwischen 1360 und 1430, in einer
warmen Periode, seien vor allem Orte auf trockenen und sandigen Böden
wüstgefallen, während die auf schwer durchlässigen Böden nach 1430 in
einer feuchten und kühlen Periode aufgelassen wurden. H. Jäger hat diese
Theorien in seinem Untersuchungsgebiet angewandt, konnte jedoch keiner¬
lei Beziehungen zwischen Klimaschwankung und Wüstungsvorgängen fest¬
stellen205 206.
3. Die Fehlsiedlungstheorie
Der Einfluß der Landesnatur ist bei der Besiedlung eines Gebietes von
hoher Bedeutung. Wurden Dorf oder Hof an einer ungünstigen Stelle ge¬
gründet, so war die Wüstungsanfälligkeit größer. In allen Zeiten entstanden
Wüstungen, weil die Lage der Siedlung sich als ungünstig erwies. Diese
„Fehlsiedlungen" entstanden vielfach, nachdem die guten und geeigneten
Böden in der Landnahme- und z. T. in der Ausbauzeit in Bearbeitung ge¬
nommen worden waren, und die Neusiedler sich in der Rodungszeit oft
mit minderwertigen Bereichen begnügen mußten. Schon H. Beschorner for¬
mulierte 1904: „Hier war im ersten Siedlungseifer ein Dorf nahe am Flu߬
ufer, dort zu dicht am steilen Bergeshange gegründet worden, hier eines
zu tief im wild- und raubtierreichen Forste, dort ein anderes auf steinigem
wasserarmen Boden. So verlegte man kurz entschlossen das nur aus weni¬
gen, leichten Holzhütten bestehende Dorf von der ungünstigen Stelle an
einen günstigeren Punkt in der Nähe200." Johann Hoffmann berichtet
über das Auflassen der vier Dörfer Metweiler, Morbach, Herhausen und
Zinckweiler folgendermaßen: Diese 4 Dörfer, weil sie so nahe beisammen
gelegen, haben wohl untergehen müssen, dann der Ort daselbst so gar gut
und fruchtbar nicht ist, daß sie sich alle hätten erziehen kennen. Nun
aber habens die jetzigen Einwohner des Orts (nur noch Metweiler) desto
besser, indem sie die Güter allein unter sich haben, davon hiebevorn so
viel Dörfer sich haben ernähren müssen, wie darin dann gar vergnügene
Leute des Orts im Untertal genannt, jetzt findet207. Hier scheinen Boden¬
203 H. Flohn, Klimaschwankungen im Mittelalter und ihre historisch-geographi¬
sche Bedeutung, in: Ber. z. dtsch. Landeskunde, 7. Bd. H. 2, Stuttgart 1950. —
Ders., Witterung und Klima in Mitteleuropa, Stuttgart 1954 (= Forschungen z.
dtsch. Landeskunde, 2. Auf!.).
204 G. Richter, Klimaschwankungen und Wüstungsvorgänge im Mittelalter,
in: P. M. 1952, S. 249—254.
205 H. Jäger, Entwicklungsperioden agrarer Siedlungsgebiete im mittleren
Westdeutschland seit dem frühen 13. Jh., Würzburger Geogr. Arbeiten 1958,
S. 77.
206 H. Beschorner, Wüstungsverzeichnisse, S. 5.
207 StA Koblenz Abt. 24 Nr. 533, S. 349.
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