Full text: Die Wüstungen des Saarlandes

IV. Wüstungsverbreitung und Wüstungsdichte 
1. Der Wüstungsquotient und die Wüstungszahl 
Der mathematische Begriff des Quotienten wird auch in der Geisteswissen¬ 
schaft verwandt, um bestimmte Vorgänge darzustellen und zu veranschau¬ 
lichen. In Deutschland haben die Siedlungsgeschichte und die Siedlungs¬ 
geographie das Arbeitsinstrument „Wüstungsquotient" entwickelt. Sinn 
und Zweck des sog. Wüstungsquotienten oder der zahlenmäßigen Angabe 
der Wüstungsdichte besteht darin, eine Aussage über den Grad und das 
Ausmaß des Wüstungsprozesses in einem größeren Gebiet zu gewinnen. 
Da die Verbreitung der aufgelassenen Siedlungen in Deutschland in den 
einzelnen Landschaften sehr unterschiedlich ist, hat dieser Quotient die 
Aufgabe, eine zahlenmäßige Vergleichsbasis zu schaffen. Nach der Unter¬ 
suchung der einzelnen geographischen oder historischen Teilräume sollen 
die Ergebnisse in Relation zueinander gebracht werden. Damit wird die 
einzelne Zahl in eine übergeordnete Reihe gestellt und besitzt als Ver¬ 
hältniszahl die nötige Aussagekraft. Erst durch dieses „In-Beziehung- 
Setzen" der Einzelergebnisse werden ein Überblick und ein annähernd 
genaues Gesamtbild überhaupt möglich. Die Bedeutung von „Wüstungs¬ 
quotient" und „Wüstungsdichte" liegt also vor allem darin, daß damit ein 
Maßstab zur Messung des Wüstungsvorganges gefunden wurde. 
Heinz Pohlendt definiert den Wüstungsquotienten „als den Anteil der 
Wüstungen an der Gesamtzahl der resistenten plus der abgegangenen 
Orte158." Nach K. Scharlau dient er zur „Beurteilung des prozentualen Wohn- 
platzverlustes als Folge einer Wüstungsperiode159." Die Flurwüstungen 
werden nicht berücksichtigt. W. Prange, der nachwies, daß der Wüstungs¬ 
quotient nichts über die Verminderung der Bauernstellen (Stellenverlust) 
in einer Region aussagt, bemühte sich, die Flurwüstungen in die Betrachtung 
einzubeziehen160. Es ist jedoch M. Born zuzustimmen, wenn er feststellt: „Die 
Ermittlung eines ,Wüste-Hufen-Quotienten‘ scheitert meist an der Quellen¬ 
lage, einem ,Wüste-Flurenquotienten‘ fehlt wegen der Schwierigkeiten bei 
158 H. Pohlendt, Die Verbreitung der mittelalterlichen Wüstungen in Deutsch¬ 
land, in: Göttinger geographische Abhandlungen, Heft 3, 1950, S. 11. 
159 K. Scharlau, Ergebnisse und Ausblicke der heutigen Wüstungsforschung, 
in: Bll. f. dtsch. Landesgesch. Jg. 93, 1957, S. 47. 
160 W. Prange, Uber Ausmaß und Nachwirkung der Wüstung in Ostholstein, 
Lauenburg und Nordwestmecklenburg, in: Wüstungen in Deutschland, ein 
Sammelbericht hrsg. von W. Abel, Frankfurt 1967 (= ZAA, Sonderheft 2), 
S. 74. — Ders., Siedlungsgeschichte des Landes Lauenburg im Mittelalter, in: 
Quellen und Forschungen z. Gesch. Schleswig-Holsteins 41, 1960. Vgl. auch 
K. Engelhard, Die Entwicklung der Kulturlandschaft des nördlichen Wald¬ 
eck seit dem späten Mittelalter, Gießener Geogr. Schriften, H. 10, 1967, S. 43. 
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