WOHN-
PLATZ
FLUR
SIEDLUNGSFORMEN¬
ENTWICKLUNG
befristet
Interims¬
ortswüstung
Interims-
flurwüstung
temporäre
partielle
Flurwüstung
Interims¬
wüstungsflur
Konstanz oder
Erneuerung
temporäre
partielle
Ortswüstung
temporäre
partielle Veränderung
umfassende Veränderung
temporäre
totale Orts¬
wüstung
temporäre
totale
Flurwüstung
Wüstungsflur
partielle
Ortswüstung
partielle
Flurwüstung
angegliederte
partielle
Wüstungsflur
Schwund
dauerhaft
totale Orts¬
wüstung
totale
Flurwüstung
angegliederte
Wüstungsflur
Zerfall
totale Wüstung
integrierte
Wüstungsflur
2, Die Wortentwicklung in der allgemeinen Sprachgeschichte.
Die Entwicklung der Begriffsinhalte der Wörter „wüst" und „Wüstung"
Schon seit dem Althochdeutschen bedeutet das Wort „wüst": „öde, unwirt¬
lich, unbesiedelt und unbewirtschaftet, ungenutzt, verödet, verwildert, ver¬
fallen, verheert42." Dieses breite Bedeutungsspektrum wird dabei sowohl auf
Land und Nutzungseinrichtungen als auf Siedlungen bezogen. Es ist zu
betonen, daß man ursprünglich Kulturboden und -stätten, Länder und Land¬
striche, Plätze und Stellen, Wohnstätten und Güter, Dörfer und kultivierten
Boden, Wohn- und Nutzräume, Gebäude und Zweckeinrichtungen im gege¬
benen Fall mit „wüst" ansprach, d. h. daß der Begriffsinhalt bis zum 18.
Jh. etwa den gleichen Umfang besaß, wie er ihn heute wieder angenommen
hat. Neben dem übertragenen Sinn finden sich auch oft Verbalverbindungen:
z. B. wüst machen (Grimm gibt als Belege Notker u. Luther an), wüst legen,
liegen, stehen, bleiben (also im Passiv angewandt). Jünger dagegen ist die
Verwendung im Zusammenhang mit verwüsteten und entvölkerten Städten
und leerstehenden, unbenutzten Kirchen. Die Begriffsverengung ist also
auch vom reinen Wortsinn und seiner Entwicklung her nicht gerechtfertigt.
Noch deutlicher wird dies bei der Betrachtung des Substantives „Wüstung".
Für dieses Wort findet man im deutschen Sprachraum Formen wie die
mittelhochdeutschen Varianten „Wüstunge", „wustunge", die mittelnieder¬
deutschen „wostinge", „wostunge" u. a.; ebenso lassen sich die mittelhoch¬
42 J.Grimm, Deutsches Wörterbuch, Bd. 14, 2. Abt. I960, S. 2418.
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