unmittelbar gewiß sind.1 Wie wir, die wollenden Wesen, uns
selbst als wirkliche Wesen mit vollster Sicherheit „erfahren“
— hier waltet dann das Wort „innere Erfahrung“ — so ver¬
wendet man nun die sogenannte „innere Erfahrung“, um für
das allerdings zweifellos Gegebene „Gott“ die Gewißheit
seiner Wirklichkeit zu sichern. Hier läuft aber der Irrtum
unter, daß man Selbstbewußtsein und Gottesbewußtsein mit
Hilfe der gefälligen „inneren Erfahrung“ ineinandermengt,
und Gott gleicherweise zu haben meint, wie sich selbst, wäh¬
rend man sich selbst allerdings als Wirkliches, Gott aber trotz
alledem nur als Gegebenes schlechtweg hat.
Wie also die Sache steht, können wir dem, was als „Religions¬
ethik“ oder „theologische Ethik“ vorgetragen wird, nicht den
Namen „Ethik“ als Wissenschaft zuerkennen, ist doch diese
angebliche Herrschaftsethik sich nur der Wirklichkeit des Pflich¬
tigen in dieser Einheit, nicht aber auch der Wirklichkeit des
Gebieters gewiß.
Gibt es aber auch keine Religionsethik im wissenschaftlichen
Sinne, so leugnen wir doch nicht zugleich, daß dem Religiösen
das Sittliche überhaupt unbekannt sei. Der Religiöse weiß
sich mit Gott vereint in einer Herrschaftseinheit, in der er
der Verpflichtete ist, Gott aber die Gebote gibt, eine Einheit,
die seitens des menschlichen Bewußtseins nicht an irgendeine
besondere Zugehörigkeit desselben zu einem Volke oder zu einem
Staate geknüpft sei, sondern dem menschlischen Bewußtseinswesen
als solchem unbeschränkt offen stehe. Dieses sich mit Gott in
Herrschaftseinheit Wissen aber nennen wir „Glauben an Gott,
den Herrn“, wie es im Hebräerbrief 11,1 heißt: „Es ist der
Glaube eine gewisse Zuversicht.“ Das an den Herrn glau¬
bende Bewußtsein muß wollen, was Gott der Herr gebietet;
dessen Willen wollen d. h. wollen was man soll ist seine Pflicht.
Die Frage, wie das menschliche Bewußtsein zu diesem Glauben
1 Siehe Rehmke „Die philosophische Erbsünde“ und „Was bin ich?“,
Verlag Elwertsche Buchhandlung, Marburg 1924.
4 Rehmke, Grandlegung der Ethik als Wissenschaft.
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