des Bewußtseins ist eben im Selbstbewußtsein verankert; das
Selbstbewußtsein ist die notwendige Voraussetzung für Wollen
überhaupt, und eben deshalb nennen wir mit Grund die Rede
vom „unbewußten Willen” einen Widerspruch in sich: jedes
Wollende weiß sich selbst. Dieses Selbstbewußtsein, das
Sichselbsthaben des Bewußtseins bedeutet freilich nicht schon
„sich selbst fraglos klar haben“, bedeutet also nicht schon so
viel wie „Erkenntnis seiner selbst“, sondern schlechtweg nur
„sich selbst wissen“, abgesehen davon, ob dieses Sichselbstwissen
in Betreff seiner selbst eine Irrung in sich schließt oder nicht.
d)
Wie aber läßt sich mit der Feststellung, daß jedes Wollen
eben Sichselbstdurchsetzenwollen bedeute, wenn anders jedes
Wollen ein Wirkenwollen ist, die Behauptung eines „selbst¬
losen“ Wollens als besonderen Wollens reimen? Scheint doch,
wenn jedes Wollen ein Sichselbstdurchsetzenwollen ist, das Wort
„selbstloses Wollen“ ein Widerspruch in sich zu sein. Diesen
Schein indes zu zerstreuen, daran liegt uns ganz besonders, weil
die christliche Ethik von jeher auf das sogenannte „selbstlose“
Wollen und Handeln abgestellt und es als das Sittliche hinge¬
stellt hat. Man kennzeichnet das selbstlose Wollen auch als
das Wollen aus Liebe, weshalb wir die christliche Ethik
auch Liebesethik heißen. Und wenn wir auch der christlichen
Ethik als einer Religionsethik ebenso wenig wie ihrer Schwester,
der von uns als Pflichtethik bezeichneten Religionsethik, und
aus demselben Grunde nicht den Titel „Ethik als Wissenschaft“
zubilligen können, so ist doch für uns, die wir der Frage „was
ist sittlich?“ eine Antwort suchen, unausweichlich, der Tat¬
sache, die in der christlichen Ethik das Wollen aus Liebe und
von anderen auch das selbstlose Wollen genannt ist, weiter nach¬
zugehen und sie klarzustellen.
Weder das Wort „selbstlos“, noch das Wort „aus Liebe* gibt
uns ohne weiteres eine sichere Führung zu dem besonderen
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