über die Saarfrage zu bestehen schien3. Die deutsche Politik vermied es ebenso,
die Saarfrage im Völkerbund aufzurollen, da der Weg zur Lösung über Paris nach
Genf, nicht umgekehrt, führe4. Neuen Aktivitäten französischer Rechtskreise, das
Saargebiet für Frankreich zu gewinnen oder zumindest den Status quo zu erhalten,
kam kaum größere Bedeutung zu. Sie berunruhigten daher das Auswärtige Amt
nicht5. Wenn einzelne Franzosen neue Vorschläge für Saarverhandlungen mach¬
ten, so handelte es sich durchweg um private Schritte, bei denen allerdings die
Beteiligungswünsche an den Saargruben immer noch eine Rolle spielten6.
Die Verhältnisse des politischen Lebens im Saargebiet machten klar, daß das gute
Einvernehmen zwischen Saarvertretern und Reichsbehörden seit dem Verhand¬
lungsabbruch gelitten hatte. Der Zerfall der Parteieneinheitsfront zeigte sich in
der abweichenden Haltung der Sozialdemokraten in vielen Fragen7. Innerhalb der
christlichen Gewerkschaften wurde die Meinung vertreten, daß eine französische
Saargrubenbeteiligung nach der Rückgliederung unvermeidbar sei8 9. Hermann
Röchling stimmte demgegenüber mit der bisherigen deutschen Auffassung über¬
ein und riet wie das Auswärtige Amt dazu, französische Initiativen abzuwarten".
Als deutsche Bedingungen machte er zwar die Rückkehr der Gruben in Staats¬
besitz geltend, hielt aber eine zeitlich begrenzte französische Grubenbeteiligung
für möglich, wenn dafür eine deutsche Beteiligung schon vor 1935 eingehandelt
würde.
Erst Reichskanzler von Papen unternahm einen neuen Schritt in der Saarfrage. Er
benutzte dazu ein noch während Brünings Kanzlerschaft verfaßtes Gutachten des
3 Drahtbericht Hoeschs v. 8.7.31: AA.. . betr. Rückgl., Bd. 11; Aufzeichnung Friedbergs
v. 10.9.31: AA Büro RM betr. Saargebiet, Bd. 5. Uber Bemühungen Brünings über die
italienische Regierung Frankreich in der Saarfrage wiederum anzusprechen, berichtet
Hoffmann, Johannes, Das Ziel war Europa. Der Weg der Saar 1945-1955, Mün¬
chen und Wien 1963, S. 31. Uber diese Bemühungen ließ sich in den Akten nichts fest¬
stellen, ebensowenig über eine Rückgliederungsinitiative deutscherseits, die bei
Wheeler-Bennet, John W., Der hölzerne Titan. Paul von Hindenburg, Tübin¬
gen 1969, S. 387f. erwähnt wird.
4 Aufzeichnung des VLR Voigt v. 31.1.31 für den RM: AA... betr. Rückgliederung,
Bd. 11.
5 Bericht der Botschaft Paris v. 12.12.30 über die Generalversammlung der Association
française de la Sarre am 7.11.: AA... betr. Rückgl., Bd. 11. Vgl. auch den Vorschlag
des Comte de Fels, Saarbrücken in einem selbständigen Saargebiet zum Sitz des Völ¬
kerbundes zu machen: de Fels, La Sarre et la Paix, in: Revue de Paris 38, 1931,
S. 241—256, ferner: Bericht des Oberpräsidenten der Rheinprovinz v. 13.12.31 über
französische Beeinflussung der Warndtbevölkerung durch Kreditvergabe (StA Koblenz,
Abt. 403 Nr. 16856, S. 609ff), Sehr, des AA v. 18.12.31 an den Preuß. Innenminister
und den Bayer. Minister des Äußern über eine Artikelserie der „Action française“
(AA .. .betr. Rückgl., Bd. 11).
* Aktennotiz H. Röchlings v. 16.3.31 über ein Gespräch mit dem lothr. Industriellen
Humbert de Wendel: Röchling-Arch., Sign. B-293; Aufzeichnung Voigts v. 24.9.31
über ein Gespräch des Vertreters der Saarbr. Ztg., Floch, mit dem ehern. Mitgl. der
französischen Saardelegation 1929/30, Elbel, Aufzeichnung des StS im AA, v. Bülow,
v. 30.11.31 über ein Gespräch v. Simsons mit dem lothr. Industriellen Peyerimhoff
und dem franz. Diplomaten Coulondre: A A ... betr. Rückgl., Bd. 11.
7 Aufzeichng. des AA v. 2.5.31: A A Büro RM betr. Saargeb., Bd. 5.
8 Aufzeichnung Voigts v. 6.11.31 über Mitteilungen Levachers: AA... betr. Rückglie¬
derung, Bd. 11.
9 Aufzeichnung Voigts v. 25.9.31 über Leitsätze H. Röchlings für den Besuch Lavais und
Briands: ebda.; Verm. d. Reichskanzlei v. 25.9.31: BA R 431/251, Bl. 313.
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