Full text: Die nationalsozialistische Herrschaftsübernahme an der Saar

zeugen muß.“ Von Friedberg mußte seine Vermutung, daß die SPD-Saar die 
preußische Haltung beeinflußte, bestätigt glauben und verwies auf die Verbindung 
M. Brauns zu Ministerpräsident Otto Braun und dem sozialdemokratischen 
Ministerialrat Emil Kirschmann: Dabei wirke sich das Bestreben der SPD-Saar 
aus, die Saarverhandlungen unter der Regierung Brüning zu „sabotieren“. Die 
preußische Regierung wünsche jetzt, die Verhandlungen zu vertagen. Es wird aus 
dieser Darstellung von Friedbergs klar, daß zum Scheitern der Verhandlungen 
nicht allein die französischen Forderungen, sondern ebenso die Haltung der 
Saarparteien und Preußens beitrugen. Wie M. Zenner richtig betont hat81, ist die 
verschiedene Sicht des Versailler Vertrages auf deutscher und französischer Seite 
der tiefere Grund für das Scheitern. Während Frankreich die Revision des Saar¬ 
statuts unter dem Druck seiner öffentlichen Meinung und der parlamentarischen 
Lage ablehnte82, war Deutschland nicht bereit, einen gemischten deutsch-franzö¬ 
sischen Betrieb der Saargruben zuzugestehen. 
Welche Folgerungen hat nun die deutsche Diplomatie aus dem Scheitern der Ver¬ 
handlungen gezogen? In dieser Frage geht es in erster Linie darum, ob vor 1935 
noch einmal der Versuch lohnte, das Saargebiet vorzeitig zurückzugewinnen, um 
die politische Erregung der saarländischen Öffentlichkeit durch die im Versailller 
Vertrag vorgesehene Abstimmung zu vermeiden. 
3. Die Rückgliederungsfrage zwischen 1930 und 1933 
Obwohl das deu'tschJfranzösische Kommuniqué vom 6. 7. 1930 nur von der 
Vertagung der Verhandlungen gesprochen hatte, gingen doch alle Überlegungen 
der deutschen Saarpolitik davon aus, daß der Versuch, die Saarfrage vorzeitig zu 
regeln, gescheitert sei. Im Laufe der Zeit wurde darüber hinaus erkannt, daß die 
wirtschaftliche Krise Deutschlands den Willen zur vorzeitigen Rückgliederung 
im Saargebiet selbst nicht eben förderte. Daher bemühten sich die Saarparteien, 
der passiven Stimmung innerhalb der Bevölkerung entgegenzuwirken1. 
Gegenüber der offiziellen französischen Haltung war Zurückhaltung geboten, um 
die deutsche Diplomatie nicht wieder in die Rolle des „Demandeur“ zu manövrie¬ 
ren und Frankreich die Initiative zu überlassen. Das Beste schien, auf die Be¬ 
lastung der deutsch-französischen Beziehungen durch die Saarfrage hinzuweisen1 2. 
Diese Einstellung des Auswärtigen Amts blieb bestimmend für die folgende Zeit. 
Sie erwies sich als richtig, da auf französischer Seite kein Interesse an Gesprächen 
81 Zenner, Parteien, S. 249. 
82 R u s s e 1, Frank M., The Saar. Battleground and Pawn, Stanford, Calif. 1951, S. 83 
betont das Widerstreben Tardieus gegen die Aufgabe der französischen Rechte im 
Saargebiet. Die wahren Hintergründe der französischen Haltung würde erst eine Ein¬ 
sicht in die französischen diplomatischen Akten aufdecken. 
1 Vgl. Zenner, Parteien, S. 249f., ferner: Aufzeichnung des VLR v. Friedberg v. 
19.8.30 (AA Büro RM betr. Saargebiet, Bd. 5) und v. 5.9.30 (AA ... betr. Rückglie¬ 
derung, Bd. 11). 
2 Aufzeichnung des Min.dir. Köpke v. 15.7.30: AA... betr. Rückgliederung, Bd. 10; 
Aufzeichnung v. Friedbergs v. 5.9.30, Telegramm des Reichsaußenministers v. 19.9.30: 
ebda., Bd. 11; Drahtbericht Hoeschs v. 23.10.30: AA Büro RM betr. Saargebiet Bd. 5. 
79
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.