Von Simson begab sich nach den ersten Gesprächen nach Berlin, um sich mit der
Reichsregierung und Preußen zu besprechen. Sein Plan ging dahin, durch die Frage
der Verpachtung der früher privaten Gruben und der Übernahme der Warndt¬
pachtverträge8 den Gegensatz der Standpunkte etwas aufzulockern. Sowohl
Außenminister Curtius und der preußische Ministerpräsident Braun als auch der
preußische Handelsminister Schreiber waren grundsätzlich einverstanden9. Daher
konnte von Simson am 14. 12. neue deutsche Vorschläge in der Grubenfrage
ankündigen10 11.
Am 17. 12. 29 trat die juristische Unterkommission zum erstenmal zusammen.
Was hier Pernot anmeldete, war praktisch ein internationales Statut für das rück¬
gegliederte Saargebiet und war für von Simson mit dem deutschen Rückgliede¬
rungsziel unvereinbar. Von deutscher Seite forderte man die Regelung der Frage
der im Saargebiet gelegenen ehemals elsaß-lothringischen Eisenbahnstrecken11
und eine Einigung über die Form, wie der Völkerbund mit der vorzeitigen Rück¬
gliederung zu befassen sei12. Diese Rechtsfragen konnten aber erst beim Fort¬
schritt der anderen materiellen Fragen von Belang werden, so daß die juristische
Unterkommission eine viel geringere Rolle als die für Zoll- und Grubenfragen
spielte.
In dem Fazit, das das Auswärtige Amt aus den bisherigen Verhandlungen zog13,
hob der Referent hervor, daß die deutsche Seite in der Sicht der Franzosen nicht
mehr unbedingt der „Demandeur“ war. Er betonte zwar den französischen
Wunsch nach einer Rückgliederungsregelung, lehnte es aber ab, das Grenzgebiet
„zum Tummelfeld für solche Cooperation“ mit Frankreich zu machen: Konzessio¬
nen lägen in der Verpachtung der Grube Frankenholz und der Übernahme der
Warndtpachtverträge. Ein besonderes Zollregime auf 25 Jahre sei so unmöglich
wie die französische Zollverwaltung bis 1935 ungünstig sei, da so das Hauptziel
der politischen Rückgliederung nur teilweise erreicht werde.
Während der Verhandlungen hielt die Reichsregierung Kontakt mit den Saar¬
vertretern14. Vor allem H. Röchling lehnte die Privatisierung der Saargruben
ab. Gespräche deutscher Diplomaten mit französischen Industriellen bestätigten
Röchlings Ansicht von unterschiedlichen Auffassungen über die Saarfrage bei der
französischen Industrie. Während der lothringische Industrielle Peyerimhoff
deutsch-französische Grubengesellschaften als unsinnig bezeichnete und lediglich
von einer einzigen Privatgrube als politischer Geste sprach15, neigte der Vize-
8 Aufzeichn, des StS im AA v. 7.12.29: AA Büro StS betr. Saarfrage, Bd. 5.
9 Aufzeichnungen des Staatssekretärs im AA v. 10.12.29: ebda.
10 Drahtbericht Simsons v. 14.12.29: AA ... betr. Rückgl., Bd. 6.
11 Es handelte sich hierbei um Stichbahnen der ehemaligen Reichseisenbahnen in Lothrin¬
gen von dort ins Saargebiet, die nicht der saarländischen Eisenbahnverwaltung unter¬
standen, sondern von Frankreich betrieben wurden.
12 Drahtbericht Simsons v. 17.12.29: AA ... betr. Rückgl., Bd. 6.
13 Aufzeichnung Friedbergs v. 31.12.29 für RM, StS und Min.dir. Köpke: AA Büro StS
betr. Saarfrage, Bd. 5.
14 Aufzeichnung über den Empfang des Saarausschusses beim Reichsaußenminister am
30.11.29, Aufzeichnung über die Besprechung der Saardelegation mit dem Saaraus¬
schuß am 5.1.30: AA ... betr. Rückgliederung, Bd. 6.
15 Aufzeichnung von Simsons v. 2.12.29: AA Büro RM betr. Saargebiet, Bd. 4.
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