Full text: Die nationalsozialistische Herrschaftsübernahme an der Saar

SPdS bzw. der KP. Daneben hatten die saarländischen Berufs- und Wirtschaftsver¬ 
bände ein reiches periodisches Schrifttum3. 
Ab 1920 gab das Reich wie in alle abgetrennten deutschsprachigen Gebiete, so 
auch ins Saargebiet, finanzielle Unterstützungen für die deutsche Presse. Das Reich 
erwarb auf diese Weise einen Aktienanteil an der Saarbrücker Zeitung und der 
Saarbrücker Landeszeitung4. Die von Max Winkler gegründete Cura-Revisions- 
und Treuhand-G.m.b.H. verwaltete die Anteile an den Saarzeitungen. Der finan¬ 
ziellen Unterstützung diente die von Winkler 1929 organisierte Cautio-G.m.b.H.5. 
Da die Saarpresse Parteien und Verbänden nahestand, deren Hinwendung zu 
Deutschland unzweifelhaft war, konnten die Zeitungsverbote der Ära Rault allein 
die Wirkung der deutschen Presse des Saargebiets beeinträchtigen. Die Zeitungen 
der francophilen Gruppierungen wie die „Chronik“, das „Saarlouiser Journal“ 
und der „Generalanzeiger“ blieben durch die zahlenmäßig geringe Leserschaft 
bedeutend an Einfluß zurück. Trotzdem wurden sie von deutscher Seite durch die 
Saarvertrauensmänner und ihre Gewährsleute ständig überwacht und zurückge¬ 
drängt. Das „Saarbrücker Abendblatt“, das ab 1926 erschien, wurde nur deshalb 
herausgegeben, um den von francophiler Seite geplanten „Saarbrücker Nachrichten 
am Abend“ zuvorzukommen6. 1931/32 gelang es, die francophile „Saar-Chronik“ 
von deutscher Seite zu übernehmen und plötzlich mit deutscher Tendenz er¬ 
scheinen zu lassen7. Solche Erfolge waren nur möglich, wenn mit Methoden des 
Drucks, der Überwachung8, der Einschleusung von Spitzeln und mit finanziellen 
Lockmitteln gearbeitet wurde. Der Kampf gegen francophile Gruppen wurde da¬ 
her vorwiegend als Untergrundtätigkeit geführt und ging einher mit der auch in 
moralischer Hinsicht gründlichen Diffamierung der Gegenseite. Die Bezeichnungen 
„Separatist“ und „francophil“ gewannen daher schon vor 1933 einen Beige¬ 
schmack, der die so Bezeichneten abwertete und sich im Bewußtsein der Bevöl¬ 
kerung festsetzte. Wegen der relativ geringen Bedeutung dieses Gegners, der auch 
nur auf bestimmte Gegenden des Saargebiets wie die Gegend um Saarlouis be¬ 
schränkt war, konnte die Haltung der deutschen Seite nur den Sinn haben, schon 
während der Abtrennungszeit, aber auch im Hinblick auf die Abstimmung, eine 
festgefügte Front zu schaffen und alle auch nur unbedeutenden Gegenkräfte aus¬ 
zuschalten. Den Zeitungen fiel hier, da Rundfunkapparate sich erst langsam ver¬ 
breiteten, die Hauptaufgabe zu. 
3 Eine Übersicht über die saarländische Presse bringt B a 1 d a u f, Heinrich, Fünfzehn 
Jahre publizistischer Kampf um die Saar, Diss. München 1934, S. 187f. 
4 Hof f mann, Johannes, Journalistische Erfahrungen im Kampf gegen den National¬ 
sozialismus. Vortrag vor den Studenten des Instituts für Zeitungswissenschaft der 
Universität München am 18.11.1965 (hektograph. Manuskript), S. 11: StadtA Saar¬ 
brücken. Vgl. auch Lambert, Saar, S. lOlf. 
5 H a 1 e , Oron J., The Captive Press in the Third Reich, Princeton, N. J. 1964, S. 100 
und 127. 
6Eberhard, Walter (Pseudonym für Eberhard Schopen), Wer kaufte Joho? (o. O. um 
1952), S. lOf. 
7 Sehr. Watermanns v. 3.2.1932 an den Röchlingmitarbeiter Würtz: Röchling-Archiv 
Völklingen, Sign. A-K 26/232. Vgl. auch den Hinweis in der Saar-Zeitung Nr. 259 
v. 7.11.1931: „Nach einer politischen Blamage“. 
8 Schon vor 1933 stellten Gewährsleute für deutsche Stellen Listen der Bezieher von 
francophilen Zeitungen auf. Eine solche Liste mit 73 Namen findet sich in: StA 
Koblenz, Abt. 403 Nr. 16856, S. 1021ff. 
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