Full text: Die nationalsozialistische Herrschaftsübernahme an der Saar

Saargebiets trotz allem nicht als einzige Möglichkeit der deutschen Einwirkung 
betrachtet werden dürfen. Die saarländischen Beamten sowie einzelne, Parteien 
fernstehende Persönlichkeiten ergänzten die Anknüpfungspunkte. Vor allem in der 
kulturellen Beeinflussung waren im Schulwesen und in der Presse Tätige eine 
Hauptstütze19. 
5. Kulturelles Leben an der Saar 
Bei der kulturpolitischen Betätigung Deutschlands an der Saar ist zunächst auszu¬ 
gehen von § 28 der Anlage zu Art. 50 Versailler Vertrag, wonach den Einwohnern 
grundsätzlich ihre religiösen Freiheiten, ihre Schule und ihre Sprache garantiert 
wurden. Frankreich hatte das Recht, für seine Grubenbediensteten Schulen mit 
eigenem Personal und französischer Unterrichtssprache zu errichten. Abgesehen 
von der Ära Rault erlangten diese Domanial- oder Grubenschulen nur wenig 
Einfluß1. Demgegenüber muß den Bestrebungen der saarländischen Kultusver¬ 
waltung, das gesamte Schulwesen unter ihren Einfluß zu bekommen, erheblich 
mehr Bedeutung zugemessen werden2, denn jede Abweichung vom deutschen 
Schulsystem erschwerte die spätere Rückgliederung. Es gelang jedoch den in der 
Kulturpolitik tätigen Saarländern in zunehmendem Maße, eine Eigenentwicklung 
des saarländischen Schulwesens zu unterbinden. Solange es für den Lehrernach¬ 
wuchs keine eigenen Ausbildungsstätten gab, blieb das eine nicht allzu schwierige 
Aufgabe. So besuchten die angehenden saarländischen Gewerbelehrer ab 1931 
preußische Ausbildungsstätten3, die Kandidaten für den Volksschuldienst wurden 
in Preußen und Hessen ausgebildet4. Die deutschen Hochschulen blieben auch 
nach 1920 Ausbildungsstätten für die höhere Beamtenschaft, so daß sie als Zentren 
der deutschen Kultur eine erstrangige Bedeutung besaßen. Wie die Lehreraus¬ 
bildung glichen sich im Einvernehmen mit der Regierungskommission die Lauf¬ 
bahnbedingungen für Lehrer und die gesamte Schulgesetzgebung an die deutsche, 
vor allem preußische Entwicklung an5. Alle Beschuldigungen gegen die Schul¬ 
politik der Regierungskommission, wie sie besonders ab 1933 erhoben wurden6, 
19 Als Stadtschulrat Bongard 1927 von Saarbrücken nach Frankfurt/M. gehen wollte, 
setzte sich Preußen für sein Bleiben ein. Vgl. Schreiben des Ministerialdirektors 
Trendelenburg (Preuß. Kultusministerium) v. 25.4.1927 an OB Neikes: StadtA Saar¬ 
brücken, Best. Großstadt, Nr. 1853. 
'Zenner, Parteien, S. 107. Zu den Domanialschulen vgl.: Die französischen Doma- 
nialschulen im Saargebiet (= Denkschrift der III. Lehrerkammer für das Saargebiet), 
Saarbrücken o. J.; Der Notenwechsel über die französischen Schulen im Saargebiet, 
Berlin 1924; Fittbogen, Gottfried, Die französischen Schulen im Saargebiet (Rhei¬ 
nische Schicksalsfragen, 4) Berlin 1925; Vogt, Peter-Alwin, Die rechtlichen Grund¬ 
lagen der französischen Schulpolitik im Saargebiet, Diss. Köln 1929; H o y e r, Ar- 
wed, Die französische Domanialschule im Saargebiet, Saarbrücken 1934. 
2 Z e n n e r , Parteien, S. 101 mit dem Hinweis auf Maßnahmen der Reg.kommission zu 
Beginn der zwanziger Jahre. 
3 Ebda., S. 110. 
4 Ebda., S. 112. 
5 Ebda., S. lllff. sowie Zenner, Peter, Das Schulwesen der Stadt Saarbrücken, in: 
Saarbrücken 1909—1959, Saarbrücken 1959, S. 252. 
6 So Bongard, Hans, Grundlinien deutscher Kulturpolitik an der Saar, in: G r a - 
bowsky-Sante, Grundlagen, S. 31 lff. 
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