Schlußbetrachtung
Die Auswirkungen der 1934 abgegebenen Garantieerklärungen nach der Rück¬
gliederung und die Lage der saarländischen Katholiken nach 1935 sind diejenigen
innenpolitischen Probleme im Saarland, die wegen der günstigen Quellenlage
am eingehendsten dargestellt werden können. Die Gleichschaltung des öffentli¬
chen Lebens nach der Rückgliederung und der Ausbau der nationalsozialistischen
Herrschaft lassen sich dagegen lediglich am Beispiel der Einrichtung des Reichs¬
kommissariats für die Rückgliederung des Saarlandes beobachten. Die Vernich¬
tung fast aller Akten des Reichskommissariats und sämtlicher Unterlagen der
NSDAP-Gauleitung Saarpfalz macht eine kritische Betrachtung des Aufbaues der
NSDAP im Saarland 1935 unmöglich, so daß nur Zeitungsnachrichten über ein¬
zelne Etappen dieses Aufbaues ein Bild geben können. Hervorstechend ist dabei,
daß die NSDAP stets als Fortsetzung der Deutschen Front bezeichnet wird1. Da
jedoch im Zuge der Rückgliederung außer dem ehemaligen christlichen Gewerk¬
schaftler Peter Kiefer1 2 alle nichtnationalsozialistischen Führer der Deutschen Front
von der politischen Bühne verschwanden, war die öfters betonte Beziehung zur
Deutschen Front wohl eher eine Verschleierung der tatsächlichen Vorgänge. Die
ungünstige Quellenlage erlaubt kein Urteil, inwieweit die saarländische Innen¬
politik sich vom allgemeinen Rahmen der Innenpolitik des Reiches abhob. In
einem Falle wird ganz klar, daß innenpolitische Vorgänge der Abstimmungszeit
für die Lage nach der Rückgliederung von Belang waren. Die Auseinander¬
setzungen innerhalb des saarländischen Stahlhelm3 waren auch von der Deutschen
Front nicht unterdrückt worden. Bürckel verfügte deshalb als eine seiner ersten
innenpolitischen Maßnahmen im Saarland ein Verbot des Stahlhelm für seinen
Machtbereich, noch bevor der Stahlhelm im August 1935 im ganzen Reichsgebiet
aufgelöst wurde4. Er bezog sich dabei ausdrücklich auf die Auseinandersetzungen
1 Siehe Bekanntmachung der NSDAP-Gauleitung Pfalz-Saar, in: Amtsblatt des Reichs¬
kommissars für die Rückgliederung, Nr. 5 v. 27.3.35; S.L.Z. Nr. 79 v. 22.3.35: „Der
Aufbau der NSDAP im Saargebiet“; ebda., Nr. 11 v. 12.1.36: „Aufbau an der
Saar 1936“; NSZ-Rheinfront Nr. 51 v. 29.2.36: „Das Bollwerk im deutschen Westen.“
Bezeichnenderweise wurde Herrn. Röchling von Bürckel nicht einmal zur Rückglie¬
derungsfeier eingeladen. Vgl. Friedrich Grimm, Lebenserinnerungen eines deut¬
schen Rechtsanwaltes (mschr.), Bd. 4 (BA Nachl. Grimm, Nr. 6).
2 Kiefer wurde nach der Rückgliederung Stellvertreter des Gauwalters der DAF, Georg
Stahl, im März 1936 Vorsitzender des Gauehren- und Disziplinargerichts der DAF.
Siehe S.L.Z. Nr. 85 v. 26.3.36.
3 Siehe oben S. 113f.
4 Siehe DNB-Rundspruch und Bestellung für die Redaktionen der Reichspresse v.
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