sichtigung des nationalsozialistischen Führerprinzips17, in seiner endgültigen
Fassung von der Stellung des Reichskommissars aus. Der vorläufigen Regelung
entsprach die Bezeichnung „Reichskommissar“ sowie die Erwähnung der künf¬
tigen Reichsreform (§ 1 Abs. 1). Als „ständiger Vertreter der Reichsregierung“
war der Reichskommissar in Wirklichkeit der Chef eines „Reichslandes“, ob¬
wohl dieser Ausdruck bewußt vermieden worden war. Die Abgrenzung seiner
Befugnisse von denen der Reichsbehörden wurde zwar festgelegt (§ 3 Abs. 1
und 2, § 4), barg aber die Gefahr künftiger Konflikte18. Im künftigen Saarland
wurden dem Reichskommissar Aufgaben und Zuständigkeiten der höheren Ver¬
waltungsbehörde, der preußischen Provinzialverwaltung und des Landesfür¬
sorgeverbandes unter der Leitung der Reichsminister und der Dienstaufsicht
des Reichsinnenministers übertragen (§ 3 Abs. 3). Die Reichsminister regelten
selbst den Aufbau der dem Reichskommissar angegliederten Behörden: Be¬
zirksausschuß, Regierungsforstamt, Oberversicherungsämter, Versorgungsgericht
und Landesversicherungsanstalt (§ 3 Abs. 4). Auf den Charakter eines „Reichs¬
landes“ weist auch die Tatsache, daß saarländische Behörden und Einrichtungen,
abgesehen von denen der Gemeinden, Gemeindeverbände und Anstalten oder
Stiftungen öffentlichen Rechts, Reichsbehörden und -einrichtungen wurden,
deren Beamte Reichsbeamte (§ 5). Faktisch wurden auch die Lehrer an öf¬
fentlichen Schulen Reichsbeamte. Dadurch, daß alle Zentralinstanzen der Re¬
gierungskommission aufgehoben wurden, lagen in Zukunft alle Reichsmittel¬
behörden außer der Reichspostdirektion Saarbrücken und dem Treuhänder der
Arbeit außerhalb des Saarlandes: Landesarbeitsamt, Oberlandesgericht und
Eichungsdirektion in Köln, Hauptversorgungsamt und Rheinstrombau-Verwal-
tung in Koblenz, Landesfinanzamt in Würzburg, Oberbergamt in Bonn und
Luftamt in Darmstadt. Das Landesfinanzamt Würzburg und das Landesarbeits¬
amt Köln errichteten lediglich Zweigstellen in Saarbrücken. Der Treuhänder
der Arbeit für das Wirtschaftsgebiet Saar-Pfalz wurde unabhängig vom Treu¬
händer in München19, wie auch die Bildung des neuen NSDAP-Gaues Pfalz-
Saar20 die Entwicklung eines eigenen Machtbereiches Bürckels andeutete.
Ende Januar 1935 begannen Vorbereitungen für die neue saarländische Zen¬
tralverwaltung. Mit derartigen Plänen hatte Bürckel bereits den Trierer Re¬
gierungspräsidenten Saassen beauftragt, der auch als Regierungspräsident im
17 Vgl. G r o t e n, Curt, Die Rückkehr des Saarlandes zum Reich, in: Zschr. f. d. ges.
Staatswissenschaft 96, 1936, S. 356.
18 Bereits am 16.4.35 beklagte sich Bürckel in einem Sehr, an RMdl Frick, das Hitler vor¬
lag (BA R 431/259, Bl. 70ff.), über seine mangelnde Selbständigkeit. Dem war ein
Konflikt mit dem Reichskommissar für Preisüberwachung, Goerdeler, über die Rege¬
lung der Mietpreise im Saarland vorausgegangen (BA R 431/259, Bl. 62-69). Mei¬
nungsverschiedenheiten Bürckels mit Reichsressorts erwähnt auch B r o s z a t, Mar¬
tin, Der Staat Hitlers, München 1969, S. 164 mit Bezug auf Vorgänge in BA R
4311/206, insbesondere das Sehr, des Reichsarbeitsministers v. 1.11.37 an den Chef
der Reichskanzlei, Lammers, und die Aufzeichng. Lammers’ v. 5.11.37, die die Ent¬
scheidung Hitlers gegen Seldte und für Bürckels Eigenmächtigkeit in der Siedlungs¬
politik enthält.
19 Verm. des MR Medicus (o. D.) (Anm. 16); S.L.Z. Nr. 49 v. 19.2.35: „Neues Wirt¬
schaftsgebiet Saarland-Pfalz.“
20 NSZ-Rheinfront Nr. 51 v. 1.3.35: „Die NSDAP im Saargebiet.“
162