Verschiebung der Abstimmung zu unterbinden21. Am 2. Juni folgte die Ant¬
wort des Reichsaußenministers auf die Anfrage des Dreierkomitees. Die deut¬
sche und die französische Regierung verpflichteten sich, in der Abstimmungs¬
zeit keinen Druck auf die Abstimmungsberechtigten auszuüben, jede Verfol¬
gung wegen der Entscheidung eines Abstimmungsberechtigten nach der Rück¬
gliederung zu unterlassen und ihre Staatsangehörigen auf beide Verpflichtun¬
gen festzulegen22. Damit waren dem Reich auch nach der Rückgliederung Be¬
schränkungen auferlegt. Die Bedeutung des Obersten Abstimmungsgerichts¬
hofes schätzte das Auswärtige Amt allerdings nicht allzu hoch ein23. Das
Rundschreiben des Saarbevollmächtigten vom 5. Juni 193424 schlug vor, die
Verpflichtungen für alle Stellen des Staats und der NSDAP festzulegen. Inwie¬
weit der folgende Erlaß angesichts solcher Vorfälle, wie sie Kunkel schildert25,
galt, muß in Frage gestellt werden, zumal von Papen, dem es darauf ankam, mög¬
lichst auf Ausgleich zu wirken, im August abtrat. Auch aus dem Widerstand des
Auswärtigen Amts gegen die Ausbürgerung reichsdeutscher Emigranten im
Saargebiet26 sprach der Wille, die Garantieerklärung nicht unglaubwürdig er¬
scheinen zu lassen. Dazu trug vor allem der Beschluß des Völkerbundsrates
vom 4. Juni 193427 bei, die Garantien später möglicherweise auf die nicht¬
abstimmungsberechtigten Saareinwohner zu übertragen. Weiterhin hatte der
Völkerbundsrat Knox ermächtigt, Einzelpersonen als Abstimmungspolizei in
Dienst zu nehmen. Wegen der Fortdauer der deutschen Angriffe mußte sich
Knox weiter mit der Polizeifrage beschäftigen; besonders nach der Aktion ge¬
gen die Deutsche Front im Juli 1934 erschienen ihm Ruhe und Ordnung noch
gefährdeter28.
Mit seiner Denkschrift vom 31. August 193429 unternahm der französische
Außenminister Barthou eine neue Initiative in der Saarfrage, regte eine General¬
amnestie für alle Saareinwohner an und forderte größtmögliche Sicherung der
französischen Wirtschaftsinteressen an der Saar. Hitler ging zunächst auf die
Forderungen Barthous in der Grubenfrage durchaus positiv ein, ganz im Ge¬
gensatz zu Bürckel30. Das Auswärtige Amt richtete sich daher trotz Bürckels
Bedenken auf Verhandlungen in einzelnen Rückgliederungsfragen ein, lehnte
aber die Barthou-Denkschrift als Grundlage ab31. Nachdem die Schweizer Re¬
21 Verm. Voigts v. 6.6.34: AA ... betr. Abstimmung, Bd. 11.
22 SDN JO XV 1934, S. 651 ff., RGBl. Teil II 1934, S. 735ff. Die reichsdeutsche Presse
wurde vor Abgabe der Garantieerklärung zu äußerster Zurückhaltung ermahnt (BA
ZSg. 101/3, Bl. 230).
23 DGFP, Serie C, Bd. 2, Nr. 500 S. 898.
24 Ebda., Nr. 481 S. 870f.
25 Kunkel, SPD-Saar, S. 49ff., besonders S. 55ff.
28 Sehr, des AA v. 5.6.34 an den RMdl, Rdschr. des RMdl v. 21.6.34: AA Ref.Deutschld.
Inland A/B betr. Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger im Saargebiet.
27 SDN JO XV 1934, S. 647-650.
28 DGFP, C, Bd. 2, Nr. 498 Anm. 3; Sitzung der Reg.kommission v. 2.8.34: LA Saar¬
brücken, Best.Koßmann, Nr. 24, S. 536frT; SDN JO XV 1934, S. 1140f.; Bericht
Lersners v. 21.9.34 an Voigt: AA ... betr. Pol.Ang.adh. Emigranten, Bd. 3.
29 SDN JO XV 1934, S. 1185ff.
30 DGFP, Serie C, Bd. 3, Nr. 206.
31 Sehr. Bürckels v. 20.9.34 an Voigt u. dessen undat. Antwortentw., der nach Notiz
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