Brück, und als Propagandaleiter Peter Kiefer47. Ein besonders undurchsichtiger
Teil der Deutschen Front bleibt ihr Ordnungsdienst. Die Quellen bestätigen nur
gelegentlich seine Existenz und nennen den Leiter Conrad. Ob er „die ent¬
scheidende Rolle im Abstimmungskampf“ spielte, wie es Kunkel darstellt48,
erscheint daher unklar.
Die offiziell von der Deutschen Front propagierten politischen Anschauungen
glichen zwar weitgehend denen des Nationalsozialismus und unterstützten vor
allem die offizielle Reichspolitik, vermieden aber, die Mitglieder der Front auf
jeden einzelnen Programmpunkt der NSDAP festzulegen. Die Absicht, einen
stellvertretenden Ortsgruppenleiter der Front wegen seiner Äußerungen gegen
Baldur von Schirach abzusetzen49, zeigt aber, wie eng diese Bewegungsfreiheit
tatsächlich war. Der Gedanke der Volksgemeinschaft, verbunden mit der her-
vorgehobenen Gegnerschaft gegen Frankreich, trat in den Vordergrund50. Dies
war die Möglichkeit, die nationale Haltung der Saarländer auszunutzen und
mögliche innenpolitische Vorbehalte zu überdecken. An die Stelle parteipoliti¬
scher Agitation trat organisierte Kulturarbeit, die auch durch das Verbot der
politischen Betätigung von Beamten, besonders der Lehrerschaft, durch die Re¬
gierungskommission nicht lahmgelegt wurde51.
Hatte all dies in erster Linie für die Verhältnisse im Saargebiet selbst Bedeu¬
tung, so läßt sich darüber hinaus leicht nachweisen, daß die Deutsche Front das
ausführende Organ der Reichsführung war. Der engen Verbindung zu Behör¬
den und Parteistellen im Reich kam die Regierungskommission erst durch ihre
Durchsuchung der Saarbrücker Geschäftsstelle der Deutschen Front im Juli
1934 ganz auf die Spur. Wenn trotzdem der Eindruck entstehen kann, daß die
Initiative im Saargebiet lag, so hatte das seinen Grund in der Mitarbeit der
führenden Schichten, der Beamten und zahlreicher bedeutender Persönlichkei¬
ten des öffentlichen Lebens in der Deutschen Front. Sie alle hatten seit 1920
die Verbindungen zum Mutterland aufrechterhalten und darin eine Vollkom¬
48 K u n k e 1, SPD-Saar, S. 45. Hinweise finden sich in der Niedersehr, der Beratung im
RMdl am 6.4.34 (AA ... betr. Leistungen f.d. Saargebiet, 1 Bd.) und der Gestapo-
Meldung v. 11.8.34 ebda., betr. Parteien, Bd. 11). In seiner Aussage vom 7.1.37
(LA Saarbrücken: Verfahren Bürckel-Spaniol) behauptete der ehemalige SS-Führer
Lonsdorfer, er sei selbst Leiter des Ordnungsdienstes der Deutschen Front gewesen.
Dafür fanden sich in den übrigen Quellen keine Hinweise.
49 Gestapo-Meldung v. 10.9.34 (AA ... betr. Parteien, Bd. 12).
50 Insofern geht das Urteil K u n k e I s , SPD-Saar, S. 44f., daß das Programm der Deut¬
schen Front mit dem der NSDAP identisch war, zu weit. Dagegen sprechen Stel¬
lungnahmen in den Akten, so Koßmann im Verm. Voigts v. 7.11.33 und die Vor¬
merkung Jolas’ v. 21.11.33 (AA... betr. Pol.Ang.Allg., Bd. 53 u. 54), ferner das
Sehr. Barths v. 8.8.34 an Voigt: ebda., Bd. 66, der Bericht Bürckels v. 29.9.34 an
Hitler: BA NS 10/109,Bl. 43f. Siehe auch B a r t z , Weltgeschichte an der Saar, S. 28.
51 Vgl. Amtsblatt der Regierungskommission 1934, Nr. 49; dazu: StA Koblenz, Abt. 403
Nr. 16861, S. 157, 405 und 919ff., ferner: Bericht Watermanns v. 30.11.34 mit Anl.
(AA... betr. Parteien, Bd. 14) und Sehr, des Reichserziehungsministers v. 15.12.34
an das AA (ebda., betr. Pol.Ang.Allg., Bd. 70). Nach dem Verbot der politischen
Betätigung der Beamten setzten die Leiter der Kulturarbeit der Dt. Front ihre Arbeit
in der formell von der Dt. Front getrennten „Arbeitsgemeinschaft kultureller Vereine“
fort. Eine Satzung dieser Arbeitsgemeinschaft findet sich im StadtA Völklingen, Sign.
49/9.
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