oder Saarbrücken und eröffneten dort ein Handelsgeschäft34. Im Jahre 1843
wohnten in Saarbrücken 45 Juden, während St. Johann zu dieser Zeit noch
keine jüdischen Einwohner zählte35 *. 18 85 hingegen gab es in Saarbrücken 48
und in St. Johann 292 Juden, 1905 bereits 651 Juden in St. Johann38.
Nach dem deutsch-französischen Krieg entschlossen sich die Brüder Myrtil und
Leopold Lazard, zusammen mit ihrem Freund Rudolph Brach in St. Johann
ein Bankgeschäft zu eröffnen. Hierzu mieteten sie einen Raum in der Bahnhof¬
straße 55 im Hause des Gustav Köhl37. Als Rechtsform wählten sie die Offene
Handelsgesellschaft38.
In der Veröffentlichung des Handelsregisters in der St. Johanner Zeitung39
heißt es:
„Auf desfallsige Anmeldung vom heutigen Tag wurde in das hiesige Handels-
(Gesellschafts-)Register unter Nr. 177 eingetragen die Handels-Gesellschaft unter
der Firma „Lazard & Cie.“, weiche ihren Sitz zu St. Johann und am 1. Januar
begonnen hat. Die Gesellschafter sind:
1. Myrtil Lazard, Banquier, zu St. Johann wohnend;
2. Leopold Lazard, Banquier, daselbst wohnend und
3. Rudolph Brach, Kaufmann, zu Saarlouis wohnend.
Die Befugnis, die Gesellschaft zu vertreten, steht nur den Gesellschaftern Myrtil
Lazard und Leopold Lazard zu. Saarbrücken, den 6. Januar 1872.“
Die Verbindlichkeit aus einem unter der Firma „Lazard &C Cie.“ geschlossenen
Geschäftes war die Verbindlichkeit eines jeden Gesellschafters, und zwar haftete
jeder für die gesamte Schuld (solidarisch) und mit seinem ganzen Vermögen
(unbeschränkt)40. Wie bereits aus der Bekanntmachung des Handelsregisters
hervorgeht, waren zur Geschäftsführung lediglich die beiden Brüder Myrtil und
Leopold Lazard berechtigt. Rudolph Brach wohnte zu dieser Zeit noch in Saar¬
louis und war dort wahrscheinlich auch beruflich gebunden.
Die Berechnung des Gesamtkapitals der drei Inhaber am Ende des ersten Ge¬
schäftsjahres 1872 war somit der Gesamtbetrag der Geschäftseinlagen und der
darauf berechneten Zinsen vermehrt durch den Gewinn des Jahres 1872. Die
nachfolgende Übersicht soll die Aufteilung verdeutlichen.
34 K. Hoppstädter, Jude in der Geschichte des Saarlandes, S. 100, und L. Roth¬
schild, Jüdisches Schicksal, S. 250.
35 Ebd. S. 96.
30 Ebd. S. 100.
37 StA. Koblenz, Abt. 442, Nr. 1441, Firmenverzeichnis von 1871. Der Glasfabrikant
Gustav Köhl war Mitinhaber der Glasfabrik Johann Thomas Kohl, Sohne, St. Johann.
Vgl. St. Johanner Zeitung Nr. 6 vom 9. Januar 1872. Die Eröffnungsanzeige lautete:
„Mit dem heutigen Tage eröffneten wir an hiesigem Platze ein Bank-Geschäft, und
befindet sich unser Comptoir Bahnhofstraße Nr. 55 im Hause des Herrn Gustav
Köhl. Lazard & Cie., St. Johann — Saarbrücken, den 1. Januar 1872.“
3S ASKB-BMB-J-1, Bl. 5, Handelsregistereintragung Abt. A Nr. 103/8 vom 22. Dez. 1901.
Dort findet sich die Übertragung vom Gesellschaftsregister Nr. 62 und dem Pro¬
kurenregister Nr. 304, 452 und 443. Diese beiden Register sind jedoch verloren¬
gegangen. Die genaue Eintragung Abt. A Nr. 103/8 lautet: „Früher offene Handels¬
gesellschaft, welche am 6. Januar 1872 begonnen hat.“
39 St. Johanner Zeitung Nr. 9 vom 12. Januar 1872.
40 H. T h ö 1, Handelsrecht, S. 328; C. G a r e i s , Deutsches Handelsrecht, S. 139.
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