als die in der Aquinus-Adelindis-Urkunde genannten Besitzungen in demselben
engen Bereich westlich von Gorze liegen wie die der beiden überlieferten Bivin-
Urkunden11. Wenn nun darüberhinaus in einer der beiden letztgenannten Urkun¬
den12 Lodovin, der Abt des Klosters Gorze, als consobrinus Bivins bezeichnet
wird, ja wenn der Abt gerade quia (Bivinus) suus erat consobrinus zur Errichtung
der Kapelle in Doncourt libenter consentiit, dann ist es sogar leicht erklärlich,
warum und wie die Adelindis-Ahnen zu den umstrittenen Gorzer Klostergütern
kamen. Die Identifizierung des Adelindis-Ahnen Bivinus mit dem nobilis vir Bivi¬
nus, dem Kapellengründer von Doncourt, der von dem im 12. Jahrhundert täti¬
gen Kartularkompilator sogar als comes bezeichnet wurde13 und zugleich Ver¬
wandter des Gorzer Abtes Lodovin war, läßt erkennen, daß die Adelindis-Ahnen
mit Epplonisvilla (Sponville), Bellum Campum (B&hamp) etc. von einem Ver¬
wandten ausgestattet worden waren; diese Identifizierung läßt jene Zulehengabe
als einen Akt der Verwandtenbevorzugung oder -ausstattung erscheinen und ver¬
ständlich werden.
Hat man nun den Vetter Bivins als Abt in Gorze erwähnt, so ist auch noch daran
zu erinnern, daß um die Mitte des 9. Jahrhunderts schon einmal ein Bivin etwas
mit dem Abtstuhl von Gorze zu tun hatte und daß dieser gleichfalls sehr frei¬
giebig über das Gorzer Klostergut verfügte: 856 und 857 war der Graf Bivin —
Bruder des einst mit Lothar I. nach Italien ausgewanderten Richardus ostiarius
und Vater des Königs Boso von der Provence und des Herzogs Richard von der
Bourgogne, ja Vater Richildes, der zweiten Gemahlin Karls d. K., die auch an
Gorze schenkte —, zugleich Laienabt von Gorze (comes atque abbas)1*. Er war
von König Lothar II. — offenbar für besondere Verdienste — dort eingesetzt
worden, was allerdings dem äußeren und dem inneren Klosterleben, dem Erhal¬
tungszustand und der Regelbeachtung, nicht von Nutzen gewesen ist, so daß
Bischof Adventius von Metz dort 863 bessernd eingreifen mußte15. Eine Verbin¬
dung von dem späteren Bivin zu dem ersteren dürfte schon in Anbetracht der
engen Beziehungen der beiden Gruppen zu Gorze wahrscheinlich sein; — wenn
einmal ein Herrschaftsobjekt gefunden war, trachteten ja die Nachkommen stets
... 1
11 Vgl. die Karte der Gorzer Besitzungen bei A. d’Herbomez, a. a. O. nach S. 604.
12 A. d’Herbomez, a. a. O. S. 141 nr. 77.
13 A. d’Herbomez, a. a. O. S. 151 nr. 84. Ob dies auf Grund einer Dorsualnotiz
des übertragenen Originals oder nur in Erinnerung und Anlehnung an den 856/57
schon auftauchenden Grafen und Laienabt Bivin (siehe unten) geschah, läßt sich nicht
mehr feststellen. Für die Ansicht jedoch, daß der Kompilator des Gorzer Kartulars
auch Dorsualnotizen oder ähnliches für die Abfassung seiner den einzelnen Stücken
vorangestellten Überschriften benutzte, spricht nr. 82 (S. 148): Precaria quam fece-
runt Amalricus et Raina uxor eius. In der Urkunde selbst ist dann der Name der
Gemahlin, Raina, nicht zu finden!
14 A. d’Herbomez, a. a. O. S. 98 ff. nrn. 55—60. Zur Genealogie der Bosoniden
vgl. R. Poupardin, Le royaume de Provence (1901) S. 41 ff. Schenkungen Richil¬
des an Gorze bei A. d’Herbomez, a. a. O. S. 157 ff. nrn. 87, 88.
15 A. d’Herbomez, a. a. O. S, 106 ff. nr. 60.
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