Zeugnis für die Herleitung Adalhards II. von dem berühmten Seneschall Adal-
hard gefunden54.
Dieser Mann, Adalhard I., seit 831 Seneschall Ludwigs d. Fr., war bis zum
Tode Ludwigs stets in dessen engerer Umgebung. Schon bald dem jungen Karl d. K.
als besonderer Begleiter beigegeben, ist er nach Ludwigs Tode (840) dessen spe¬
zieller Repräsentant55. Auf den Höhepunkt seines Einflusses gelangte er dadurch,
daß er 841 bei Fontenoy mit seinem Anhang entscheidend zur Rettung Karls d. K.
vor Lothar I. beitrug und 842 seine Nichte Ermentrud, die Tochter des 834
gefallenen Odo von Orleans und Ingeltruds, mit Karl d. K. zu verheiraten ver¬
mochte56. Er war noch unter Ludwig d. Fr. Laienabt von St. Martin in Tours
geworden und blieb es bis Ende 844, als er diese Abtei mit der von Saint-Quen-
tin vertauschte. Dann hatte er 849, ohne seine umfangreichen Besitzungen im
Westreich zu verlieren57, sein Betätigungsfeld in das lotharingische Mittelreich
verlegt. Dort findet man ihn als Laienabt von Echternach, St. Maximin in Iner,
Stablo-Malmedy und St. Vaast zu Arras und trifft ihn bald auch als Verwalter
von Lorsch an. Nach dem Tode Lothars I. war er auch bei Lothar II. ein dilectis-
simus58. Jedoch wurde er schließlich 861 dort mehr oder weniger ein Opfer der
andauernden Gegnerschaft seiner Verwandten — Graf Berengar, Graf Uto und
Abt Waldo, Söhne des Grafen Gebhard vom Lahngau — zu Ludwig d. D. bei
gleichzeitiger politischer Aussöhnung Lothars II. mit Ludwig d. D. Mit den zu
ihm geflohenen ostfränkischen Verwandten mußte er das Mittelreich verlassen59.
54 Adalhard wird auch in der soeben erschienenen Arbeit von W.-A. K r o p a t, Reich,
Adel und Kirche in der Wetterau von der Karolinger- bis zur Stauferzeit (1965)
S. 44, unter Hinweis auf die ungedruckt gebliebenen Forschungen von I. Diet¬
rich, Konradiner S. 295 ff., bes. S. 305, die ich in diesem Zusammenhang aus
technischen Gründen leider nicht mehr zu Rate ziehen konnte, ausdrücklich als „Sohn
des gleichnamigen Seneschalls Ludwigs des Frommen“ anerkannt.
55 Zu dieser Persönlichkeit ausführlich F. Lot, a. a. O. S. 185 — 201, dazu eine kleine
Berichtigung von K. F. Werner, Untersuchungen I, in: Welt als Geschichte 18
(1958) S. 274 f. Vgl. auch R. Parisot, Le royaume de Lorraine S. 184 ff., und
B. v. S i m s o n, Jahrbücher d. fränk. Reiches unter Ludwig d. Fr. II (1876) S. 241 ff.
56 Nithard, Hist. lib. IV c. 6, ed. E. Müller, MG SS rer. Germ. (1907) S. 49:
Accepit quidem Karolus, uti praefatum est, in coniugio Hirmentrudem, Uodonis et
Ingeltrudis filiam, et neptem Adalardi. Dilexerat autem pater eius suo in tempore
hunc Adelardum adeo, (ut quod) idem vellet in universo imperio, hoc pater faceret.
57 Vgl. K. F. Werner, Untersuchungen II, in: Welt als Geschichte 19 (1959) S. 155 f.
mit Anm. 39.
58 MG DD Lothar II. S. 390 nr. 5.
59 Ann. Fuldens. ad 861 S. 55: Hludowicus rex . . . Ernustum summatum inter omnes
optimates suos, quasi infidelitatis reum publicis privavit honoribus. Utonem quoque
et Berengarium fratrem eius atque Sigihartum comites Waldonemque abbatum cum
aliis nonnullis quasi conplices infidelitatis eius similiter exauctoravit; e quibus Uto
et Berengarius cum Waldone fratre suo in Gallias ad Karlum regem secesserunt, cae-
teris infra patrium in proprietae sua remanentibus. Ann. Bertin. ad 861 S. 55: Hlo-
dowicus socerum Karlomanni, filii sui, Arnustum honoribus privat et nepotes ipsius
(= Uto, Berengar, Waldo) a regno suo expellit. Qui cum Adalardo, Yrmintrudis
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