betsgedächtnisses für den Schenker und dessen Anverwandte, Lebende wie Ver¬
storbene, deren Namen man dem Kloster mitteilte10. Es ist daher auch nicht
verwunderlich, daß in ersten Bemühungen um die Auswertung solcher Gedenk¬
einträge schon verschiedene, aus der chronikalischen und urkundlichen Über¬
lieferung bekannte Familien hoher Adliger in den Namenreihen der Libri me¬
moriales wiedererkannt wurden.
So ist es schon seit einiger Zeit ersichtlich, daß die Gedenkeinträge der Libri
memoriales ein reiches genealogisches Material darstellen11. Vor allem die vielen
Namengruppen, in denen immer wieder gleiche Personennamen wiederkehren
— hier einmal ausführlicher, dort knapper — dürfen das Interesse der Genealo¬
gen erwecken. Ist doch die Wiederholung der Namenkonstellationen der schlüs¬
sigste Beweis dafür, daß es sich nicht nur um zufällige Zusammenstellungen
handelt. Indessen ist dieses Material noch weitgehend unbeachtet geblieben. Daß
diese Namengruppen der Libri memoriales nur zögernd von der Forschung
angegangen werden, mag zwar einerseits darin begründet sein, daß die bisheri¬
gen Editionen der sieben erhaltenen Codices unzulänglich sind, weil in ihnen die
einzelnen Einschreibungsgruppen nicht immer genau getrennt sind und somit
erst nach längeren Handschriftenstudien Erfolge möglich werden; es dürfte aber
andererseits auch daran liegen, daß bislang noch kein solcher Gruppeneintrag
auf gezeigt wurde, in dem die genauen Verwandtschaftsgrade der eingeschrie¬
benen Personen im Hinblick auf den Schenker bzw. Eintragenden ausdrücklich
angegeben worden sind. Ein Rest von Skepsis gegenüber der genealogischen Aus-
wertbarkeit von Namengruppen der Libri memoriales scheint gerade wegen
dieses Fehlens eines solchen Exempels hie und da bestehen geblieben zu sein.
10 Als Beispiel sei eine Urkunde aus Cluny zitiert; A. Bernard-A. Bruel, Re-
cueil des chartes de l’abbaye de Cluny IV (1888) S. 405 f. nr. 3312: Paganus et
Mainjredus et Lanfrancus, Totdilus, cum uxoribus suis, atque Albericus, cum fratribus
suis et cum matre, et domnus Lanfrancus, cum matre, atque Petrus, cum cunctis
familiaribus istorum dominorum, domno Hugoni Cluniacensi abbati fidele servitium.
Ecclesiam, quam dedimus vobis et beatissimo Petro apostolo, pro redemptione anima¬
rum nostrarum et parentum nostrorum contulimus; rogamus et obsecramus vos, ut
intercedere dignemini pro nobis ad Deum, quatenus vestris orationibus mereamur
invenire perpetuam vitam, et de anniversariis parentum nostrorum flagitamus ut
faciatis scribere in vestro martirlogium: Idus decembris obiit Oprandus; tercio nonas
junii obiit Albericus; XIIII kal. januarii obiit Vuida; nonis martii obiit Lanfrancus;
kalendis maii obiit Todilus et Oliza et Oprandus; XVII kal. augusti obiit Adelasia;
VIII kal. julii Vuilelmus; IIII nonas februarii (obiit) Ingelberga; XII kal. martii
obiit Rolinda; XV kal. octobris obiit Otta; XII kal. januarii obiit Bernardus; XV kal.
februarii obiit Gaieldus; VII kal. septembris obiit Gisentruda. — Zu dieser Familie
vgl. jetzt H. Schwarzmaier, Das Kloster S. Benedetto di Polirone in seiner
cluniazensischen Umwelt, in: Adel und Kirche, Festschr. f. G. Tellenbach,
(1968) S. 291 ff.
11 Vgl. die Übersicht über die bisherige Beschäftigung mit Liber-memorialis-Einträgen
in der in Anm. 4 genannten Arbeit von G. Tellenbach und bei E. Hla-
w i t s c h k a , Lotharingien und das Reich an der Schwelle der deutschen Geschichte
(1968) S. 146 Anm. 114.
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