erst durch Gauleiter Bürckel darauf aufmerksam geworden, als dieser ihn
auf die Folgen einer solchen Nichtbeantwortung des Gesuches eines Kardi¬
nals hinwies. Der Führer lege großen Wert darauf, das Verhältnis von
Kirche und Staat gut zu gestalten. Er sei aber auch besorgt darum, daß die
Saarabstimmung frei vor sich gehe und selbst, wenn vor der Saarabstim¬
mung eine Einigung in den Konkordatsverhandlungen zustande komme,
dann werde er wohl Anweisung geben, daß diese Abmachungen sofort
seitens des Staates durchgeführt werden, daß sie aber der Öffentlichkeit
nicht vor dem 14. Januar 1935 bekannt würden.
Der Fiochwürdigste Herr Bischof erklärte, daß ihm diese Unterredung sehr
überraschend komme und daß es ihm deshalb im ersten Augenblick nicht
möglich sei, daraufhin eine endgültige Antwort zu geben. Als erste Erwä¬
gungen, die in ihm lebendig wurden, bezeichnete er folgende:
I. Er habe in einem ausführlichen Memorandum dem Führer all das gesagt,
was Gegenstand der gewünschten Unterredung sein solle. Er glaube auch
annehmen zu dürfen, daß diese Denkschrift zum Gegenstand von Unter¬
suchungen und Erörterungen gemadat worden sei; er habe aber z. Zt. nodi
keine Antwort darauf erhalten. Bevor eine solche da sei, scheine es ihm nicht
taktvoll, denselben Gegenstand in persönlicher Verhandlung mit dem Füh¬
rer zu besprechen.
II. Es seien in den letzten Tagen erneut Verhandlungen zwischen den drei
Vertretern des Episkopates und der Reichsregierung gewesen. Die Berichte
darüber seien nach Rom gegangen. Es bestehe Aussicht auf eine friedliche
Lösung der Schwierigkeiten. Auch bei diesem Stand der Konkordatsver¬
handlungen scheine ihm eine persönliche Unterredung mit dem Führer nicht
ratsam zu sein. Jedenfalls könne er sich zu einer solchen nicht entschließen,
wenn er nicht vorher mit einem der drei unterhandelnden Bischöfe sich in
Verbindung gesetzt habe.
III. Ein Besuch der beiden Bischöfe von Trier und Speyer bei dem Führer
könne der Öffentlichkeit gegenüber nicht geheim bleiben. Es sei infolge¬
dessen die Gefahr, daß dieser Besuch von den Gegnern der Rückgliederung
ausgeschlachtet werde oder daß ein zu erhoffender günstiger Ausgang der
Konkordatsverhandlungen auf den Druck dieser beiden Saarbischöfe zurück¬
geführt werde. Das alles aber liege nicht im Interesse des Führers.
Herr Müller erwiderte darauf, die Darlegungen des Bischofs hatten die Lage
vom Führer her gesehen; man könne aber ebenso die Lage von der Kirche
her sehen und unter diesem Gesichtspunkt glaube er, daß eine solche Unter¬
redung der Kirche großen Nutzen bringen könne.
Abschließend wurde von beiden Seiten festgestellt, daß in diesem ersten
Augenblick der Bischof nicht in der Lage sei, eine endgültige Stellungnahme
zu dem gewünschten Besuche beim Reichskanzler zu finden. Diese Unter¬
redung müsse wegen ihrer weittragenden Bedeutung Gegenstand ernster
Überlegung sein. Auch müsse eine vorherige Fühlungnahme mit dem Bischof
von Speyer erfolgen.
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