werden sollte257 258. In der Aufsichtsratssitzung der „Saarbrücker Landeszei¬
tung“ wurde zwar festgehalten, daß die Freiheit der katholischen Presse
auch hinfort gewahrt bleiben müsse, und die „Saarbrücker Landeszeitung“
erhielt wiederum einen Katholiken als Redakteur und behauptete ihr katho¬
lisches Gepräge, aber Papen wünschte ausdrücklich, daß in Zukunft solche
Auseinandersetzungen nicht in der Presse ausgetragen würden. Deshalb gab
er den Geistlichen die Zusicherung, daß ihre Beschwerdepunkte abgestellt
würden; er hoffe, daß Schwierigkeiten durch Verhandlungen mit ihm aus¬
geräumt werden könnten259.
So waren von September 1933 bis Februar 1934 der Zentrumspartei des
Saargebiets Stück um Stück Organisation und Einflußmöglichkeit genom¬
men worden. Dieser Prozeß war durch die notwendig unsichere Haltung,
die aus dem Widerstreit zwischen der weltanschaulichen Gegnerschaft gegen¬
über dem Nationalsozialismus und dem Willen zur Rückkehr erwuchs, er¬
leichtert worden. Diese Entwicklung und ihr Ergebnis, die Einmündung in
die Deutsche Front, wurden nicht einmal von der Mehrzahl der bewußten
Zentrumsanhänger abgelehnt, sondern galten angesichts wachsender fran¬
zösischer Hoffnungen auf die Saar bei allen inneren Vorbehalten gegen¬
über dem Nationalsozialismus als notwendige Konzentration auf den natio¬
nalen Kampf.
Das Saarprogramm der Sozialdemokraten:
Aufschiebung der Volksabstimmung
Während die Zentrumspartei in den Herbst- und Wintermonaten 1933/34
ihre Eigenständigkeit vollends verlor, entwickelte die Sozialdemokratische
Partei des Saargebietes ein Programm, das einen Ausweg aus dem saarlän¬
dischen Dilemma bringen sollte. Nach der Auflösung der bürgerlichen Par¬
teien und des Zentrums hatte sich die Hoffnung der Sozialdemokraten auf
einen gemeinsamen Widerstand mit den anderen Parteien zerschlagen, und
die Partei mußte nun zu einem klaren Programm für die Abstimmung
gelangen. So nahm Max Braun auf einer Versammlung am 16. Oktober
1933 in Saarbrücken zu der bevorstehenden Entscheidung Stellung. Der
Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund gab der außenpolitischen
Grundthese der Sozialdemokraten, daß Hitler Krieg bedeute, nun ein ganz
anderes Gewicht, und Braun führte vor den Saarländern aus:
„Am 14. Oktober wurde die Saar zum 4. Male von Deutschland abgetrennt —
aber diesmal allein durch die Schuld der wahnwitzigen und verbrecherischen Aben¬
teuerpolitik des Hitlerismus . . . Seit dem 14. Oktober sind wir restlos auf uns
selbst gestellt. Solange dieses Blut- und Henkerregime Deutschland vergewaltigt,
ist an eine Rückkehr des Saargebietes nicht zu denken“ 260.
257 Bistumsarchiv Trier, Abt. 59, Nr. 61, fol. 162 ff., enthält eine Abschrift des Protokolls
über diese Aufsichtsratssitzung.
258 Ebenda, fol. 72.
259 Bistumsarchiv Trier, Abt. 59, Nr. 61, fol. 68/69.
260 Volksstimme Nr. 242 v. 16. 10. 1933.
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