nicht mehr; auch Röchling trat im allgemeinen nur mehr in den gemein¬
samen Aktionen der Deutschen Front in Erscheinung und kümmerte sich
hinfort vor allem um die Angelegenheiten seines Werkes220. Der national¬
sozialistischen Regierung erwuchsen jedoch auch in der evangelischen Bevöl¬
kerung des Saargebiets ernsthafte Schwierigkeiten, und es kam zu Pro¬
testen, als die Aktivität der Deutschen Christen im Saargebiet begann221;
allerdings erwog man nie, daraus Konsequenzen für die Abstimmung zu
ziehen.
Der Auflösung der Zentrumspartei gingen schwere innere Kämpfe voraus.
Auch hier gelang es der NSDAP, im Laufe des Monats September eine
Zersetzung von unten einzuleiten222, aber diese Erscheinungen bedeuteten
bei der Stärke der Zentrumspartei noch nicht die Notwendigkeit der Auf¬
lösung. Entscheidend wurde vielmehr, daß in der Zentrumsleitung Gewerk¬
schaftsführer, insbesondere Peter Kiefer, die Aufrechterhaltung der Partei
nicht mehr billigten223. Die Idee der Deutschen Front und der Volksgemein¬
schaft stellten zentrale Vorstellungen Kiefers aus den vergangenen Jahren
dar224, die ihn wohl bei aller Skepsis gegenüber der NS-Regierung letzt¬
lich zur Eingliederung in die „nationale Gemeinschaft“ trieben. Dann hing
die Freigabe des Vermögens der saarländischen Christlichen Gewerkschaf¬
ten von der Reichsregierung ab. Ein Antrag der Christlichen Gewerkschaf¬
ten vom September 1933 um eine Besprechung bei Hitler wegen dieser
Frage, wurde vorläufig abgelehnt225. Die Verhandlungen über diesen
Gegenstand kamen nie zum Abschluß, die Gelder wurden aber den Ge¬
werkschaften vom Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellt226. Damit hing
die Tätigkeit der Christlichen Gewerkschaften im Saargebiet finanziell von
der Gunst der Deutschen Reichsregierung ab. Gleichzeitig scheint bei Kiefer
noch der Gedanke mitgespielt zu haben, daß die Betonung der unbedingten
nationalen Zuverlässigkeit die Reichsregierung zu einer Revision ihrer Poli¬
tik gegenüber den Christlichen Gewerkschaften Deutschlands und den ver¬
hafteten deutschen Gewerkschaftsvertretern veranlassen könne. Kiefer muß
sich in der Folgezeit wiederholt für die Verhafteten in Berlin eingesetzt
haben227. Die Auffassung Kiefers von der Notwendigkeit der Auflösung
der Zentrumspartei drang aber in der Sitzung des Landesparteiausschusses
vom 28. September 1933 nicht durch. Kiefer und seine Anhänger blieben
mit 33 Stimmen gegenüber 52 Stimmen für die Erhaltung der Partei in der
Minderheit228. Da Rechtsanwalt Steegmann den Partei Vorsitz niederlegte,
220 So die Regierungskommission auf Grund ihres Studiums des beschlagnahmten Akten¬
materials d. Deutschen Front, S.D.N. J.O. XV,12 (1934), S. 1647.
221 Vgl. dazu die Anlagen 27 u. 28, unten S. 414 ff.
222 S.Z. Nr. 235 v. 6. 9. 1933; Saar-Front Nr. 169 v. 8. 9. 1933.
223 So übereinstimmend: Westland Nr. 4 v. 27. 1. 1934, S. 11; Floffmann in Balk,
a. a. O-, S. 150 f.; Bungarten in mündlicher Auskunft an die Verf.
224 Vgl. dazu den Auszug aus der Landesratsrede Kiefers im Jahre 1925, oben S. 164.
223 BA Koblenz, R 43 1/253, Rk 13022.
226 Ebenda, R 43 1/254, Rk 2451.
227 Mündliche Mitteilung der Tochter Kiefers, Frau Beck, an die Verf. Vgl. auch den
Brief Kiefers an Flitler, Anlage 17, unten S. 391 ff.
228 Westland Nr. 4 v. 27. 1. 1934, S. 11.
289