sozialdemokratischen Presseorgans, „Die Deutsche Freiheit“, beschlos¬
sen194. Die Zeitung erschien in Saarbrücken und wurde vom Redaktions¬
stab der Volksstimme unter Leitung Brauns herausgebracht. Sie nannte sich
„Einzige unabhängige Tageszeitung Deutschlands“, erschien zunächst in
100 000 Exemplaren und sollte vor allem der Aktivierung des Widerstan¬
des gegen den Nationalsozialismus in den deutschen Grenzgebieten
dienen195. Die Zeitung enthielt Nachrichten aus allen Teilen Deutschlands,
vor allem über die inneren Schwierigkeiten des nationalsozialistischen Re¬
gimes und den Widerstandswillen der Arbeiterschaft; sie berichtete auch
über die internationale Lage und die Entwicklung des Saarproblems. Die
deutschen Emigranten schritten während des Jahres 1933 auch noch zur
Gründung einer weiteren Zeitung, „Westland, Unabhängige deutsche
Wochenzeitung“, die aber nicht von Braun, sondern den emigrierten deut¬
schen Sozialisten redigiert wurde. Sie hatte ein beachtliches Niveau und ver¬
fügte über gute Informationsquellen196. Die „Volksstimme“ verbreitete
weiterhin Kritik an Hitlers Friedensreden, wies auf die arbeiterfeindliche
und kapitalistische Haltung der Nationalsozialisten hin und behandelte
alle außenpolitischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten der neuen Regie¬
rung197. Erklärungen und Aufsätze führender Sozialisten wurden auf¬
genommen, wie Otto Wels Erklärung über seinen vorübergehenden Aus¬
tritt aus der Sozialistischen Arbeiterinternationale198, Friedrich Stampfers
Aufsatz über die Haltung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion am
17. Mai199 und Friedrich Adlers Aufsatz über „Die Aufgabe der Emigration
in der vergewaltigten Partei“ 20°. Diese Kontakte zwischen den emigrierten
Sozialisten und den Saarländern und die Beziehungen zum Prager Partei¬
vorstand führten dazu, daß die allgemeine geistige Entwicklung der deut¬
schen Sozialdemokraten und ihre Deutung der jüngsten Erlebnisse sich auch
in den Vorstellungen der saarländischen Sozialisten auswirkten. So führte
z. B. Braun in einer Rede im Juni 1933 aus, daß die SPD der bürgerlich¬
demokratischen Arbeit vorbei sei und nun die SPD des sozialistischen
Kampfes leben müsse201.
Die eigentlich saarländische Weise der Verarbeitung der neuen Ereignisse
muß aber in anderen Äußerungen und Handlungen dieser Monate gesehen
werden. Bereits in einem Artikel vom 11. Mai 1933, der sich mit dem
Vorgehen gegen die Gewerkschaften auseinandersetzte, legte Braun dar,
daß der Kampf nun mit der II. Sozialistischen Internationale und mit
194 Volksstimme, Nrn. 134 u. 135 v. 12. u. 13. 6. 1933;Matthias — Morsey, a. a. O.,
S. 260.
595 Volksstimme Nrn. 134 u. 135 v. 12. u. 13. 6. 1933.
196 Vgl, z. ß. die Artikel „Der diplomatische Kampf um die Saar“, Westland Nr. 24 v.
16. 6. 1934 u. „Die Saar als Trumpf des Vatikans“, Westland Nr. 26 v. 30. 6. 1934.
197 2. B. Volksstimme Nrn. 115, 116, 124, 138, 139, 142, 143, 149 vom Mai und Juni 1933.
598 Volksstimme Nr. 134 v. 12. 6. 1933.
199 Volksstimme Nr. 121 v. 26. 5. 1933 „Verständnis und Gerechtigkeit“.
200 Volksstimme Nr. 134 v. 12. 6. 1933.
201 Volksstimme Nr. 138 v. 17. 6. 1933.
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