nalrevolutionären Bewegungen in China, Britisch-Indien, Syrien und Ma¬
rokko hin, die sich gegen den Imperialismus der Weltmächte richteten6.
Die Hoffnungen der saarländischen Parteien, daß die deutsch-französische
Annäherung eine baldige Rückgliederung möglich mache, erfuhren in den
Verlautbarungen und Gerüchten über das Gespräch Briand-Stresemann in
Thoiry am 17. September 1926 eine Bestätigung. Am 22. November verlieh
daraufhin der saarländische Landesrat in einer gemeinsamen Erklärung der
Zentrumspartei, der Sozialdemokratischen Partei und der Deutsch-Saarlän¬
dischen Volkspartei den Wünschen der Saarbevölkerung klaren Ausdruck.
Die Annäherung zwischen Deutschland und Frankreich wurde begrüßt, da
sie mit der Hoffnung verbunden sei,
„. . . daß das Saargebiet in friedlicher Vereinbarung zwischen Deutschland und
Frankreich möglichst bald dem übrigen Deutschland zurückgegeben wird“ 7.
Diese Vorstellungen der Saarbevölkerung wurden auch durch die Entspan¬
nung der Saarsituation genährt. Die Erfolge der Politik in Genf wurden mit
dem Rücktritt Raults, der Einsetzung einer Kommission aus neutralen Mit¬
gliedern und der Verminderung des französischen Militärs sichtbar8; die
Entwicklung auf dem Gebiet des Zollwesens, der Sozial- und Steuergesetz¬
gebung hatte eine Periode wirtschaftlicher Prosperität eingeleitet9.
In dieser Situation vollzog sich besonders seit dem Eintritt Deutschlands in
den Völkerbund fast unmerklich eine Verlagerung der außenpolitischen
Tätigkeit der saarländischen Parteien. Wegen der Wirtschaftsfragen hatte
die Deutsch-Saarländische Volkspartei bereits unmittelbar und intensiv mit
Berlin verhandelt10; jetzt vertraten die Saardelegationen in Genf ihre An¬
liegen primär bei Stresemann und der deutschen Ratsdelegation11. Deutsch¬
land wurde als der natürliche und wirksame Anwalt für die Wünsche der
Saarbevölkerung in Genf betrachtet. Vor jeder Ratstagung fanden Bespre¬
chungen mit den Vertretern der politischen Parteien in Berlin und außerdem
in Genf statt12. Dadurch wurden die Kontakte der saarländischen Partei¬
führer mit den Ratsmitgliedern der anderen Länder und mit dem Sekreta¬
riat des Völkerbundes weniger wichtig und in der Folge auch weniger ge¬
pflegt13. Die Besprechungen mit der deutschen Delegation wirkten in einem
6 Ebenda, S. 31.
7 Ebenda, Sten. Ber. v. 22. 11. 1926, S. 1.
8 Vgl. dazu oben S. 83 f.
9 Vgl. dazu oben die Abschnitte über diese Gesetzesmaterien.
10 Röchling, Wir halten die Saar, S. 110 f.; Landesrat d. Saargeb., Sten. Ber. v. 17. 11.
1925 (Nachmittagssitzung), S. 5.
11 Z. B. reichten am 25. 6. 1927 und am 8. 11. 1927 die politischen Parteien je eine Denk¬
schrift über die Forderung der Rückgliederung und über den Eisenbahnerstreik nicht
an den Rat des Völkerbundes ein, sondern die Saardelegation übergab sie in Genf der
deutschen Delegation. Groten, a. a.O., S. 75. Im AStA München MW 16290 findet
sich eine Vormerkung v. 18. 11. 1926 über den Besuch des saarländischen Zentrums¬
politikers Scheuer, der darlegte, daß die deutsche Delegation in Genf die Saarländer
veranlassen wollte, nicht mehr nach Genf zu kommen. Die Saarländer hätten durch¬
gesetzt, daß sie weiter nach Genf führen, wollten aber nur mehr unmittelbare Be¬
sprechungen mit der deutschen Delegation führen.
12 A. A. II Bes. Geb., Saargebiet, Bildung eines Saarausschusses, Bd. 1, II SG 757.
13 Katsch, a. a. O., S. 150.
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