Thälmann-Moskau-Anhänger und Opponenten trugen die Kämpfe den
Stempel persönlicher Reibereien und Rivalitäten der Parteiführer unter¬
einander62; einzelne führende Mitglieder wechselten auch zwischen den
Gruppen. Nach der ersten Spaltung im Dezember 1924 erfolgte nochmals
eine Versöhnung, wohl durch Eingreifen der Berliner KPD-Leitung63. 1929
vollzog sich erneut eine Spaltung64, die auch die Landesratsfraktion der
Kommunisten von 1929 bis 1932 in zwei Fraktionen zerfallen ließ. Die
kommunistische Oppositionspartei kandidierte 1932 mit einer eigenen Liste
zum Landesrat, vermochte aber kein Mandat zu erringen.
Die Kommunisten besaßen auf Grund ihrer prinzipiellen oppositionellen
Haltung gegenüber Regierung und Völkerbund keinen Einfluß auf die
Gestaltung der saarländischen Gesetzgebung und leisteten keinen sachlichen
Beitrag zur Lösung der saarländischen Fragen. Nur in seltenen Fällen wur¬
den selbst von den Sozialdemokraten ihre Ausführungen im Landesrat
beachtet oder gar unterstützt. Die Regierungskommission befaßte sich mit
der Partei nur, wenn sie ihr Anlaß gab, zur Aufrechterhaltung der Ordnung
gegen sie einzuschreiten. Mit der Weltwirtschaftskrise wurden auch die
Kommunisten an der Saar aggressiver. Bei einem von Freien und Christ¬
lichen Gewerkschaften organisierten großen Demonstrationszug der Berg¬
arbeiter am 8. August 1927 kam es zu Ausschreitungen der Kommunisten65.
Die Rädelsführer wurden verhaftet und fast alle mit mehreren Monaten
Gefängnis bestraft66. Die Gewerkschaften und die Parteien verurteilten das
Vorgehen der Kommunisten aufs schärfste67. Präsident Wilton warb in
einem Presseempfang68 um Verständnis gegenüber dem Verbot des kom¬
munistischen Parteiorgans. Die Regierungskommission schritt in den fol¬
genden Jahren wiederholt durch Verbote der „Arbeiter-Zeitung“ und der
Veranstaltungen des Rotfrontkämpferbundes sowie durch Ausweisungen
von Parteimitgliedern gegen die Partei ein. Bei den Ausweisungen handelte
es sich um Kommunisten, die zur Organisation der Parteiarbeit oder weil
sie strafrechtlich verfolgt wurden, aus dem Deutschen Reich ins Saargebiet
gekommen waren69. Die Berliner Zentrale versuchte durch diese Mitglieder
den saarländischen Kommunismus in ihre Gesamtlinie einzuordnen70. Die
62 Vgl, dazu Volksstimme Nr. 174 v. 28. 7. 1928 „Verpestet und verseucht“ u. Volks¬
stimme Nr. 177 v. 2. 8. 1929 Kommunistische Saar-„Einheitsfront“; außerdem alle
Hinweise unter Anm. 61. Wenn die Volksstimme die Dinge auch propagandistisch
aufbauschte, so ist der Eindruck in den Äußerungen der Kommunisten und in den
anderen Zeitungen durchaus derselbe.
63 So Volksstimme Nr. 223 v. 24. 9. 1927.
64 Saar-Zeitung Nr. 136 v. 15. 6. 1929.
65 Volksstimme Nr. 183 v. 9. 8. 1927, Nr. 184 v. 10. 8. 1927, Nr. 185 v. 11. 8. 1927;
S.Z. Nr. 215 v. 11. 8. 1927 u. Nr. 217 v. 13. 8. 1927.
66 Volksstimme Nr. 223 v. 24. 9. 1927 „Der Kommunistenprozeß“. Verteidiger in die¬
sem Prozeß war Rechtsanwalt Dr. Sender v. der SPD.
67 Siehe Anm. 65.
68 Voiksstimme Nr. 187 v. 13. 8. 1927.
69 S.L.Z. Nr. 216 v. 12. 8. 1927; Volksstimme Nr. 174 v. 28. 7. 1928.
73 Volksstimme Nr. 223 v. 24. 9. 1927; auch Präsident Wilton schrieb in einem Privat¬
brief am 13. 2. 1930 an Rosting: „Our local communists are being stirrid up by the
Central at Berlin. This has been going on for the last weeks but the local Organi¬
sation is (ein unleserliches Wort d. Verf.) of no great consequence — at present!“; in
S.D.N. Archives des Section du Secretariat — Sect. Pol. — Sarre Nr. 56/3 c.
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