Full text: Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundsregime 1920 - 1935

Thälmann-Moskau-Anhänger und Opponenten trugen die Kämpfe den 
Stempel persönlicher Reibereien und Rivalitäten der Parteiführer unter¬ 
einander62; einzelne führende Mitglieder wechselten auch zwischen den 
Gruppen. Nach der ersten Spaltung im Dezember 1924 erfolgte nochmals 
eine Versöhnung, wohl durch Eingreifen der Berliner KPD-Leitung63. 1929 
vollzog sich erneut eine Spaltung64, die auch die Landesratsfraktion der 
Kommunisten von 1929 bis 1932 in zwei Fraktionen zerfallen ließ. Die 
kommunistische Oppositionspartei kandidierte 1932 mit einer eigenen Liste 
zum Landesrat, vermochte aber kein Mandat zu erringen. 
Die Kommunisten besaßen auf Grund ihrer prinzipiellen oppositionellen 
Haltung gegenüber Regierung und Völkerbund keinen Einfluß auf die 
Gestaltung der saarländischen Gesetzgebung und leisteten keinen sachlichen 
Beitrag zur Lösung der saarländischen Fragen. Nur in seltenen Fällen wur¬ 
den selbst von den Sozialdemokraten ihre Ausführungen im Landesrat 
beachtet oder gar unterstützt. Die Regierungskommission befaßte sich mit 
der Partei nur, wenn sie ihr Anlaß gab, zur Aufrechterhaltung der Ordnung 
gegen sie einzuschreiten. Mit der Weltwirtschaftskrise wurden auch die 
Kommunisten an der Saar aggressiver. Bei einem von Freien und Christ¬ 
lichen Gewerkschaften organisierten großen Demonstrationszug der Berg¬ 
arbeiter am 8. August 1927 kam es zu Ausschreitungen der Kommunisten65. 
Die Rädelsführer wurden verhaftet und fast alle mit mehreren Monaten 
Gefängnis bestraft66. Die Gewerkschaften und die Parteien verurteilten das 
Vorgehen der Kommunisten aufs schärfste67. Präsident Wilton warb in 
einem Presseempfang68 um Verständnis gegenüber dem Verbot des kom¬ 
munistischen Parteiorgans. Die Regierungskommission schritt in den fol¬ 
genden Jahren wiederholt durch Verbote der „Arbeiter-Zeitung“ und der 
Veranstaltungen des Rotfrontkämpferbundes sowie durch Ausweisungen 
von Parteimitgliedern gegen die Partei ein. Bei den Ausweisungen handelte 
es sich um Kommunisten, die zur Organisation der Parteiarbeit oder weil 
sie strafrechtlich verfolgt wurden, aus dem Deutschen Reich ins Saargebiet 
gekommen waren69. Die Berliner Zentrale versuchte durch diese Mitglieder 
den saarländischen Kommunismus in ihre Gesamtlinie einzuordnen70. Die 
62 Vgl, dazu Volksstimme Nr. 174 v. 28. 7. 1928 „Verpestet und verseucht“ u. Volks¬ 
stimme Nr. 177 v. 2. 8. 1929 Kommunistische Saar-„Einheitsfront“; außerdem alle 
Hinweise unter Anm. 61. Wenn die Volksstimme die Dinge auch propagandistisch 
aufbauschte, so ist der Eindruck in den Äußerungen der Kommunisten und in den 
anderen Zeitungen durchaus derselbe. 
63 So Volksstimme Nr. 223 v. 24. 9. 1927. 
64 Saar-Zeitung Nr. 136 v. 15. 6. 1929. 
65 Volksstimme Nr. 183 v. 9. 8. 1927, Nr. 184 v. 10. 8. 1927, Nr. 185 v. 11. 8. 1927; 
S.Z. Nr. 215 v. 11. 8. 1927 u. Nr. 217 v. 13. 8. 1927. 
66 Volksstimme Nr. 223 v. 24. 9. 1927 „Der Kommunistenprozeß“. Verteidiger in die¬ 
sem Prozeß war Rechtsanwalt Dr. Sender v. der SPD. 
67 Siehe Anm. 65. 
68 Voiksstimme Nr. 187 v. 13. 8. 1927. 
69 S.L.Z. Nr. 216 v. 12. 8. 1927; Volksstimme Nr. 174 v. 28. 7. 1928. 
73 Volksstimme Nr. 223 v. 24. 9. 1927; auch Präsident Wilton schrieb in einem Privat¬ 
brief am 13. 2. 1930 an Rosting: „Our local communists are being stirrid up by the 
Central at Berlin. This has been going on for the last weeks but the local Organi¬ 
sation is (ein unleserliches Wort d. Verf.) of no great consequence — at present!“; in 
S.D.N. Archives des Section du Secretariat — Sect. Pol. — Sarre Nr. 56/3 c. 
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