Full text: Parteien und Politik im Saargebiet unter dem Völkerbundsregime 1920 - 1935

rats und während mehrerer Jahre Chefredakteur der „Arbeiter-Zeitung“ 
war. In Gewerkschaftsversammlungen und im Landesrat wußte er die KPD- 
Saar beredt zu vertreten. Sein Heimatort Ludweiler und der Warndt blieben 
Hochburgen des saarländischen Kommunismus. Die Kommunisten aus Lud¬ 
weiler konnten 1924 und 1928 sogar jeweils zwei Landesratssitze erhalten. 
Für eine stärkere Verbreitung des Kommunismus im Warndt waren auch die 
lothringischen Einflüsse von Bedeutung. Die Arbeiterschaft aus Ludweiler 
und den umliegenden Dörfern arbeitete vorwiegend in den lothringischen 
Gruben des Grenzgebiets und stand dadurch mit der radikaleren und teil¬ 
weise entwurzelten Arbeiterschaft dieser Betriebe in Kontakt. Für die Ver¬ 
breitung des Kommunismus im saarländischen Raum waren zwar die Be¬ 
triebe und die propagandistische Arbeit der Kommunisten in diesen von 
Bedeutung, aber eine Organisation fester Betriebszeilen wie örtlicher Komi¬ 
tees als Basis der Parteiorganisation wurde von den Kommunisten im Saar¬ 
gebiet erst gegen Ende der Entwicklung versucht, als die Auseinandersetzung 
mit dem Nationalsozialismus und der Einfluß der deutschen Emigranten 
den Übergang zur Illegalität anbahnten53. Auch die paramilitärische Orga¬ 
nisation der Partei, der Rotfrontkämpferbund, begann erst nach 1928 im 
Saargebiet langsam in Erscheinung zu treten. So fehlte der Kommunistischen 
Partei des Saargebiets jenes feste innere Organisationsgefüge der totalitären 
Parteien, das in Parteiapparat und Kaders die Instrumente für den Tag der 
Machtübernahme bereithält53a. Die Organisationsanlage der saarländischen 
KP erinnert eher an den Typ der Massenpartei, wenn die Partei auch nur 
einen relativ kleinen Stamm fester Mitglieder besaß und erst in der Welt¬ 
wirtschaftskrise eine große Zahl von Wählern gewinnen konnte. 
Das Anwachsen des Kommunismus vollzog sich in ausgesprochenen Arbeiter¬ 
orten. Ein Vergleich der Wahlergebnisse der einzelnen Jahre mit der Ar¬ 
beiterstruktur (Hütten- und Bergarbeiter) und der Konfessionszugehörigkeit 
kann nur zu einigen wenigen Aussagen gelangen. Ein steiler Anstieg der 
kommunistischen Stimmen war in fast allen Arbeiterorten zu verzeichnen. 
In den ländlichen Gebieten war aber die Ausgangsbasis so schmal, daß mit 
wenigen Ausnahmen54 der prozentuale Anteil der kommunistischen Stim¬ 
men unter dem saarländischen Durchschnitt blieb. In den großen Arbeiter¬ 
orten im Industriezentrum stieg dagegen der Prozentsatz über 30, häufig 
sogar über 40 Prozent der Stimmen an55. Dabei ist in den überwiegend 
evangelischen Orten ein etwas geringerer Rückgang an sozialdemokratischen 
53 Vgl. dazu unten S. 281 f. 
53a Über die totalitären Parteien vgl. z. B. Schieder, Die Grundlagen und Epochen 
des Parteiwesens, in: Staat und Gesellschaft im Wandel unserer Zeit, München 1958, 
S. 163. Uber die Versuche der saarländischen KP zum Ausbau zur totalitären Partei 
vgl. einen Ber. im GStA München XV-b-1 vom 9. 11. 1931. 
54 Z. B. in Außen (Krs. Saarlouis) stiegen die kommunistischen Stimmen 1932 auf 
41,8 %, während sonst ländliche Orte mit einem ungewöhnlich hohen Anteil kom¬ 
munistischer Stimmen bei etwa 24 °/o lagen (Urweiler, Lisdorf). Angaben dazu siehe 
Straus, a. a. O., S. 123 ff. 
55 Z. B.: Anteil der kommunistischen Stimmen 1932: Merchweiler: 36,4 °/o; Elvers¬ 
berg: 30,7 %>; Dudweiler: 41,6 °/o (Prozentzahlen nach E. Straus, a. a. O., S. 123 f.). 
198
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.